Warum die Zeitumstellung noch immer nicht abgeschafft ist
Die Zeitumstellung gibt es immer noch, obwohl sie viele Menschen als lästig empfinden. Das EU-Parlament sprach sich schon 2019 dafür aus, sie abzuschaffen. Doch die Umsetzung lässt auf sich warten. Ein Grund dafür ist die große europäische Zeitzone, die vom westlichen Spanien bis nach Ostpolen reicht. Die Länder müssten sich entscheiden, ob sie dauerhaft die Sommerzeit oder die Winterzeit beibehalten wollen. Das klingt einfacher, als es ist, denn jede Variante hätte unterschiedliche Auswirkungen auf die Tageslichtzeiten.
Das Problem der Zeitverschiebung
Professor Dr. Korbinian von Blanckenburg von der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe erklärt das Dilemma: Würde man die Winterzeit ganzjährig einführen, hätten wir im Sommer zum Beispiel in Ostpolen ab 3 Uhr morgens Sonnenlicht, in Westspanien ab 6 Uhr. Wohl nur wenige Menschen fänden es angenehm, wenn die Sonne so früh aufgeht. Die Sommerzeit als dauerhafte Lösung ist auch nicht optimal. Dann gäbe es in Westspanien im Winter erst gegen 10 Uhr Tageslicht, in Deutschland etwa ab 9:15 Uhr. Besonders in den Wintermonaten empfinden viele Menschen den späten Sonnenaufgang als störend.
Energieeinsparung durch Sommerzeit
Interessant ist, dass die Zeitumstellung ursprünglich während der Energiekrise vor 44 Jahren eingeführt wurde, um Strom zu sparen. Studien der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe zeigten, dass der Stromverbrauch durch die Sommerzeit tatsächlich sinkt, aber nur leicht. Privathaushalte verbrauchen den meisten Strom nach Feierabend. Morgens bleibt der Verbrauch konstant, da Geräte wie Kaffeemaschinen und Toaster unabhängig von der Tageszeit genutzt werden.
Sommerzeit und Freizeit
Ein größerer Vorteil der Sommerzeit zeigt sich in der Freizeitgestaltung. Wie Professor von Blanckenburg erläutert, sind die Menschen länger draußen, wenn es länger hell ist. Sie verbringen mehr Zeit auf dem Balkon oder im Garten, statt drinnen den Fernseher anzuschalten. Laut den Berechnungen der Wissenschaftler*innen liegt die Stromersparnis in Deutschland durch die Sommerzeit bei 0,8 Prozent, was auf die aktuellen Strompreise hochgerechnet eine Einsparung von 600 bis 700 Millionen Euro pro Jahr bedeuten würde. Für eine durchschnittliche Familie mit drei Kindern wären das etwa 12 Euro Ersparnis pro Jahr.
Ganzjährige Sommerzeit als Lösung?
Falls man die Sommerzeit das ganze Jahr über beibehalten würde, könnte der Stromverbrauch sogar um 1,3 Prozent sinken. Diese Ersparnis wäre allerdings mit einigen Nachteilen verbunden. Wie von Blanckenburg betont, wirke sich die Zeitumstellung negativ auf den Biorhythmus und den Schlafzyklus aus. Außerdem würde in Polen die Sonne im Sommer extrem früh und in Spanien im Winter extrem spät aufgehen.
Zeitzonen neu sortieren
Von Blanckenburg schlägt deshalb eine ganz andere Lösung vor: die Neuordnung der Zeitzonen. Länder östlich von Deutschland könnten in die Zeitzone „GMT +2“ wechseln, während Spanien in die „GMT“-Zeitzone wechseln sollte. Dann wäre Spanien in der gleichen Zeitzone wie Portugal und Großbritannien, was die extremen Unterschiede bei der Tageslichtverteilung mildern könnte.
Welche Auswirkungen hätte das?
Wenn man diese Neusortierung der Zeitzonen einführen würde, wären die Auswirkungen auf die Tageslichtzeiten klar: In Ostpolen würde die Sonne am 21. Juni von 4 bis 21 Uhr scheinen, im Winter von 8:30 bis 16 Uhr. In Deutschland gäbe es am 21. Juni Tageslicht von 4 bis 20:30 Uhr und am 21. Dezember von 8:15 bis 16 Uhr. In Spanien läge der Sonnenaufgang am 21. Juni bei 5 Uhr und der Sonnenuntergang bei 20:30 Uhr. Im Winter hätte Spanien dann Sonnenlicht von 8 Uhr bis 17 Uhr.
Ob und wann diese Lösung umgesetzt wird, bleibt ungewiss. Professor von Blanckenburg meint jedoch, dass sie längst überfällig sei.
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Bild: © Vecteezy