White Feminism: Zwischen Rassismus und Medienkritik
Wer sich in den vergangenen Tagen auf einer der diversen Social Media Plattformen aufgehalten hat, der wird an einem Thema nicht vorbeigekommen sein: Sophie Passmanns Interview mit dem Schweizer Magazin Annabelle. Kurz nachdem das Magazin das Interview abgedruckt hatte, stürzte sich Twitter bereits auf die 28-Jährige, die sonst für ihre scharfsinnigen Texte und durchdachten Romane bekannt ist. Doch worum ging es hierbei eigentlich?
Sophie Passmann steht in der deutschen Medienlandschaft für so einiges. Gerade in den vergangenen Jahren verliehen ihr diverse Redaktionen einen ganzen Haufen inoffizieller Titel, wobei die „Stimme der jungen Generation“ sicher einer der hartnäckigsten war. Vielleicht erregte das Interview, welches zu Beginn der Woche im Schweizer Magazin Annabelle erschien, gerade aufgrund dieser (bis zuletzt) durchweg positiven Aufmerksamkeit, so große Empörung.
Was ist das Problem?
In dem fraglichen Interview kritisierte Passmann die Medien dafür, die individuellen Schicksale einzelner Schwarzer Frauen als faktischen Rassismus abzubilden. Besonders oft wurde hierfür auf Twitter der Satz zitiert: „Wenn Redaktionen im Namen des Antirassismus eine schwarze Frau zum vermeintlichen Sprachrohr von rassistischen Erfahrungen in Deutschland machen, führt das dazu, dass wieder nur ein Standard reproduziert wird“. Was im ersten Moment klingt, wie eine objektive Medienkritik, bekommt im Lichte der Rassismus-Debatte einen mehr als faden Beigeschmack.
Das bemerkten auch viele User:innen auf Instagram und Twitter, wo Sophie Passmann Ausschnitte aus dem Interview postete, um dieses zu bewerben und gingen scharf mit ihr ins Gericht. So bezeichnete beispielsweise die Musikerin Achan Malonda Passmann als „White woman of the day“, welche auf der einen Seite mit „Begriffen von schwarzen Aktivist:innen Geld“ verdiene, ihnen auf der anderen Seite jedoch in den Rücken fiele. Damit spielte sie unter anderem auf Passmanns Tätigkeit als Autorin und Kolumnistin in diversen Zeitungen ab.
Ähnlich deutliche Worte fand auch die Autorin Annika Brockschmidt, welche Passmann „White Feminism“ vorwarf und die Debatte damit auf eine neue Ebene hob. Denn mit der Betitelung der Aussagen Pasmanns als „White Feminism“, traf Brockschmidt einen empfindlichen Nerv bei einigen Twitter-User:innen.
White Feminism: Was ist das überhaupt?
Nun stellt sich für viele die Frage: was ist denn dieser „weiße Feminismus“ überhaupt und was haben die Aussagen Passmanns damit zu tun?
Um diese Frage beantworten zu können, lohnt es sich, einen Blick in die Geschichte des Feminismus zu werfen. Denn dieser basiert nicht unbedingt, wie wir es so häufig im Schulunterricht gelernt haben, ausschließlich auf weißen Wissenschaftlerinnen wie Simone de Beauvoir oder Judith Butler. Stattdessen spielte gerade die „Schwarze Frauenbewegung“ um Maria W. Stewart, Sojourner Truth oder auch Ida B. Wells-Barnett eine große Rolle für den Feminismus, wie wir ihn heute kennen.
Im Schwarzen Feminismus ging es vor allem um die Kritik am Rassismus sowie am Sexismus und die Schnittstelle zwischen diesen beiden Diskriminierungsformen. Er beschäftigt sich mit den Problemen von Schwarzen Frauen und kritisiert den, häufig als zu weiß wahrgenommenen Feminismus für seine Exklusivität gegenüber Schwarzen Frauen und Women of Colour. In ihm begründet sich auch das Konzept der Intersektionalität, also der Idee, dass eine Diskriminierungsform selten alleine kommt und diese sich stattdessen gegenseitig verstärken. Und auch hier: Maßgeblich prägte den Begriff der Intersektionalität eine Schwarze Frau, die amerikanische Juristin Kimberlé Crenshaw.
„White Feminism“ ist also das genaue Gegenteil von Intersektionalität. Er beschäftigt sich lediglich mit den Erfahrungen weißer, heterosexueller, körperlich fähiger, cis-Frauen. Die Belange von Frauen ohne diese Merkmale werden hingegen kleingeredet oder gänzlich außenvorgelassen.
Mit dieser Erklärung wird schließlich auch deutlich, warum die Aussagen von Sophie Passmann in dem Interview so problematisch waren. Denn sie Reden die Erfahrungen von Schwarzen Frauen klein und stellen strukturellen Sexismus und Rassismus als das Schicksal einzelner Personen dar.
Zur Kritik
Viele User:innen gehen davon aus, dass Passmann mit ihrer Aussage lediglich ausdrücken wollte, dass es, um Rassismus zu besiegen mehr braucht als nur eine laute schwarze Stimme. Und auch Sophie Passmann selbst äußerte sich mittlerweile zur Kritik.
Unter einem Post auf Instagram schrieb sie, dass sie die Kritik an dem Interview zunächst nicht verstanden habe, weil sie die Passage „natürlich so nicht gemeint habe“. Erst durch Gespräche habe sie verstanden „wie das gelesen wurde“. „Mir tut es sehr leid, dass diese Passage missverständlich war, das war nämlich mein Fehler“, so Sophie Passmann. Sie hätte lediglich den Medienbetrieb kritisieren wollen, dies habe sie jedoch sehr missverständlich ausgedrückt.
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