Freundschaften

18 vs. Mitte 20: Was hat sich verändert?

Zwischen 18 und 23 liegen gerade einmal fünf Jahre. „Was sind schon fünf Jahre?“, denkt man. Aber wenn man dann auf 18-Jährige trifft, wird einem klar, dass fünf Jahre eben doch nicht zu unterschätzen sind, was die Veränderung der eigenen Person angeht. 

Vor einer Weile bin ich einem zuckersüßen Mädchen aus den Niederlanden begegnet – und diese Formulierung trifft den Nagel schon so ziemlich auf den Kopf, denn mit ihren 18 Jahren war sie wirklich noch ein Mädchen, wohingegen ich mich mit 23 mittlerweile nicht mehr als Mädchen, sondern als junge Frau bezeichnen würde.

Allerdings habe ich mein jüngeres Ich in ihrer Persönlichkeit wiedererkannt, und gerade weil ich mich an sich so gut mit ihr identifizieren konnte, hat die Begegnung mit ihr mir so deutlich vor Augen geführt, dass man mit Mitte 20 deutlich anders drauf ist als noch mit 18 – und dass die fünf Jahre, die 18- und 23-Jährige voneinander trennen, eben doch nicht nichts sind.

Zusammenfassend würde ich sagen, dass die Begegnung mit ihr mir klargemacht hat, wie unerfahren und naiv man mit 18 wahrscheinlich meistens noch ist.

Dieses Mädchen hat von der großen Liebe geschwärmt – auf eine Art und Weise, auf die man es mit Mitte 20 einfach nicht mehr tun würde. Das liegt wahrscheinlich daran, dass man mit Mitte 20 entweder schon zumindest eine Beziehung hinter sich hat und deswegen desillusioniert wurde, oder daran, dass man immer noch allein und deswegen so verbittert geworden ist, dass man auf diese Art und Weise desillusioniert wurde.

Meine Beziehungen haben mir zu dem Wissen verholfen, dass es so etwas wie eine „perfekte“ Liebe nicht gibt. Und dass es häufig mehrere Anläufe und Erfahrungen mit mehr als einem Menschen braucht, bis man eine Liebe findet, die zwar nicht perfekt ist, aber zumindest ansatzweise an dieses Konzept herankommt.

Mit 18 war ich erstens noch im Glauben, dass eine Beziehung definitiv perfekt sein kann, und ich habe zweitens fest daran geglaubt, für immer mit meinem ersten Freund zusammen zu bleiben. Die erste und einzige große Liebe eben.

Da das Mädchen, mit dem ich gesprochen habe, aber noch nie eine Beziehung hatte, hat sie einerseits an diese perfekte Vorstellung von Liebe geglaubt; hat andererseits aber die ganze Zeit von ihren Eltern und ihren Freundinnen gesprochen – von ihrem Lebensmittelpunkt eben.

Bei mir persönlich hatte ich schon den Eindruck, dass sich dieser Lebensmittelpunkt seit meiner ersten Beziehung verschoben hat. Der*die Freund*in nimmt einen Großteil des Platzes im Herzen ein, der vorher eine Art common space für Freund*innen und Familie war.

Nachdem man die erste Trennung hinter sich hat und diese hyperromantischen Anwandlungen überwunden hat, nehmen Freund*innen und Familie zwar wieder mehr Raum ein, aber es wird nie wieder dasselbe sein wie vorher – was nicht bedeutet, dass man sie weniger liebt. Nur, dass man weniger auf sie angewiesen und mehr sein eigener Mensch ist.

Mit der ersten Beziehung sowie deren Ende und damit einhergehend dem Wissen, was Sex bedeutet (aus eigener Erfahrung, nicht nur aus dem Internet oder Teenie-Zeitschriften), verschiebt sich in der darauffolgenden Zeit die Priorität. An die Stelle von Rosen und Kerzenschein treten Neugier und Abenteuer. Mit seinen Freund*innen tauscht man keine Geschichten darüber mehr aus, wie man sich tatsächlich getraut hat, seinem Crush eine Nachricht zu schreiben, sondern darüber, wie man im Club wild mit einem*einer Fremden rumgemacht hat. Und selbst das wird mit der Zeit weniger erwähnenswert. Je weiter man sich auf dieses zuvor unbekannte Terrain wagt, desto mehr verliert körperliche Nähe an Bedeutung. Dann sind nur noch Anekdoten darüber, wie schlecht der One-Night-Stand doch war oder darüber, wie aufregend ein Verhältnis ist, amüsant oder interessant genug, um Erwähnung zu finden.  

Man ist von einem Mädchen zu einer Frau geworden; beziehungsweise von einem Jungen zu einem Mann. Zumindest in dieser Hinsicht. Manchmal vermisse ich diese frühere, naivere und romantischere Version von mir selbst, die ich in diesem Mädchen wiedererkannt habe. Einerseits ist es traurig, dass man während dieser Jahre derart desillusioniert wird, dass man diese Naivität und Romantik verliert. Aber andererseits sammelt man nur dadurch Erfahrungen, Eigenständigkeit und vor allem – Achtung, sehr unromantisch – einen Sinn für die Realität.

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Bildquelle: Elijah O’Donnell via Pexels, CC0-Lizenz