Romanze

Scheiß auf Beziehungen – was du brauchst, ist eine Sommerromanze!

Jaja, Beziehungen sind schön und so weiter. Aber Romanzen von sehr begrenzter Dauer bieten etwas, was in vielen Beziehungen mit der Zeit verlorengeht: das Gefühl von Leichtigkeit und Unbeschwertheit, das jede*r von uns gut gebrauchen kann – vor allem im Sommer.

Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich mir irgendwann in der Grundschule – wahrscheinlich eher gegen Ende der Grundschulzeit – ein Buch aus der Schulbibliothek ausgeliehen und es in den Ferien gelesen habe. Ich weiß nicht mehr, wie es hieß. Mir ist aber noch bestens in Erinnerung, dass es um ein Mädchen ging, das mit ihrer Familie im Urlaub war und dort einen Kerl kennengelernt hat, den sie mochte, und mit dem sie etwas angefangen hat. Eine Sommerromanze eben. Und ich erinnere mich auch noch genau daran, was ich gefühlt habe, als ich dieses Buch damals gelesen habe: und zwar den Wunsch, irgendwann, wenn ich etwas älter bin, im Sommerurlaub auch jemandem zu begegnen, in den ich mich verliebe und den ich ganz romantisch am Strand küssen kann (wie niedlich!).  

Heute sitze ich in Costa Rica und bin am Strand mit einer jungen Frau ins Gespräch gekommen, die zuvor mit ihrem costa-ricanischen Liebhaber am Meer entlanggelaufen ist (nicht, dass wir uns deswegen unterhalten hätten – wir haben zufällig angefangen, miteinander zu quatschen). Wir reden über meine und über ihre Zeit hier, und dann fängt sie an, von ihrem Kerl zu erzählen.

„Und, magst du ihn?“, frage ich sie irgendwann.

„Ja…? Sonst würde ich nicht mit ihm schlafen“, antwortet sie.

„Ja, schon, aber ich meine wirklich mögen?“, hake ich nach.

Sie sagt, dass sie ihn schon sehr mag. Wir quatschen ein bisschen weiter, und dann sagt sie etwas, was mich ein bisschen umhaut, und zwar:

„Ich würde sogar sagen, dass ich ihn liebe – zumindest für die Zeit, in der ich hier bin.“

Sie ist nur für vier Wochen an diesem Ort. Zu dem Zeitpunkt, als ich mit ihr geredet habe, waren zwei dieser vier Wochen vorüber und zwei weitere Wochen standen noch aus. Sie kann ihn also maximal zwei Wochen lang gekannt haben. Ziemlich gewagt, da von Liebe zu sprechen, denke ich. Aber so scheint sie es zu empfinden.

Ihre Geschichte gleicht der des Mädchens aus dem Buch, das ich damals in der Grundschule gelesen habe. Mit dem Unterschied, dass die Romanze im Buch sich nicht in Costa Rica, sondern irgendwo in Südeuropa zugetragen hat, wenn ich mich richtig erinnere. Aber eigentlich ist es ganz egal, wo eine solche Romanze spielt. Fakt ist – und das wird jeder Mensch bestätigen, der so etwas schon einmal erlebt hat –, dass es ziemlich schön ist, an einem anderen Ort als zu Hause jemanden kennenzulernen, den man mag oder zumindest heiß findet, von dem man aber zugleich weiß, dass man nur eine kurze Zeit mit ihm oder ihr verbringt. Manchmal macht das Wissen darüber, dass eine Phase sehr begrenzt ist, die Sache besonders gut oder intensiv.

Es muss ja nicht gleich ein*e Einheimische*r sein (wobei das natürlich irgendwie der Hauptgewinn ist und die Sache besonders spannend macht). Und man muss ja – anders als die junge Frau, die ich am Strand kennengelernt habe – nicht gleich von Liebe sprechen. Es muss sich auch nicht über Wochen ziehen. Eigentlich muss man nicht mal an einem anderen Ort sein.

Worauf ich hinaus will, ist: Es ist schön, jemanden zu haben, mit dem man einen unbeschwerten Sommer verbringen kann – oder zumindest einen Teil des Sommers. Ganz egal, wo genau man ist, wie lange die Sache hält, mit wem sich das Ganze zuträgt und was genau man für diese Person empfindet. Ein Sommer, in dem man sich über gar nichts Gedanken machen muss, außer darüber, zu welchem See man heute fährt oder zu welchem Strand man heute geht, um den Sonnenuntergang anzuschauen.

Dabei geht es nicht nur um Sex, sondern um das ganze Drumherum. Es geht auch darum, einander mehr oder weniger lustige Geschichten aus dem eigenen Leben zu erzählen, wenn man danach verschwitzt in einem Bett in einem Raum liegt, in dem man nur die Wahl zwischen unerträglicher Hitze und einem unglaublich lauten Ventilator hat. Es geht auch darum, gemeinsam mit anderen Menschen, die man kennengelernt hat, am Tisch zu sitzen und Karten zu spielen, bevor man sich ins Zimmer verzieht. Es geht auch ums Grillen und ums gemeinsame Essen, ums am-Lagerfeuer-sitzen und ums Gitarrespielen. Es geht um Mopedfahrten zum Strand und den Wind, den man dabei in seinen Haaren spürt.

Es geht um Leichtigkeit – und zwar genau um die Leichtigkeit, die uns im Alltag oft fehlt, ohne dass wir es merken. Während viele Menschen ihren Sommer (genauso wie jede andere Jahreszeit) damit verbringen, nach Beziehungen zu suchen, vergessen sie dabei komplett, wie schön es ist, ungebunden zu sein und die Leichtigkeit zu empfinden, die man verspürt, wenn man einfach nur ein bisschen für jemanden schwärmt.

Wie Claudia Obert schon sagte: „Liebhaber heißen Liebhaber, weil sie lieb sind und weil man sie haben muss – welche Faszination hat dagegen das Wort Ehemann?“

Also, wenn sich das nächste Mal Gedanken à la „Wann führe ich endlich wieder eine Beziehung?“ in deinen Kopf schleichen, ertappe dich selbst dabei und frag dich stattdessen lieber, wo deine Sommerromanze eigentlich bleibt. 

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Bildquelle: Pexels, CC0-Lizenz