Liebeserklärung an: den Liebeskummer

Es sind die kleinen Dinge, die uns unseren tristen Alltag versüßen und das Leben ein bisschen besser machen. Ob es hübsche Gänseblümchen sind, die am Straßenrand wachsen oder eine Kugel deiner liebsten Eissorte – wir alle haben kleine Muntermacher in unserem Alltag, über die wir nur selten ein Wort verlieren. Das soll sich jetzt ändern! Wir bieten euch eine Liebeserklärung an die kleinen Dinge, die uns in stressigen Situationen retten, an schleppenden Tagen motivieren oder uns die guten Tage versüßen!

Lieber Liebeskummer,

es gibt wohl keine andere Art des seelischen Schmerzes, die uns so sehr leiden und sich zugleich so bittersüß auskosten lässt, wie du. Du lässt uns Trübsal blasen, ins Kissen weinen, durch den Tag träumen, schlaflos und ohne Ziel durch die Gegend wandern. Eine regelrechte Plage kannst du sein, ein mentaler Klotz am Bein. Aber dennoch will ich dich nicht missen. Wenn ich dich empfinde, dann spüre ich, wie auf andere Art wohl kaum, dass ich nur ein Mensch aus Fleisch und Blut bin, der sich (vergeblich?) nach einem anderen Menschen sehnt. Nach ihr.

Du schickst keine Karte

Du kennst keine Pause, lieber Liebeskummer, du kennst keine Vorwarnung und keine Anmeldung. Du schickst keine Karte, nach dem Motto ‚Vorsicht, ab nächster Woche erwischt es dich‘. Du klopfst nicht an, du fällst mit der Tür ins Haus respektive ins Herz. Wenn du meine Seele malträtierst, dann schickst du mich in einen seltsamen Zustand aus Sehnsucht, Melancholie, Verdrossenheit und Hoffnung. Du bist wie ein Puzzle, das hunderte von Teilen hat, die nie zueinander passen werden – aber man versucht es trotzdem.

Wenn schon schnulzig, dann richtig

Als ich mit zwölf, dreizehn Jahren die ersten „echten“ Erfahrungen mit dir hatte, lieber Liebeskummer, hatte ich ein Ritual, um dich am besten auszukosten. Ich ließ mir ein Bad ein und hörte dann in der Badewanne in Dauerschleife „She’s the One“ von Robbie Williams. Ich weiß, schnulziger geht es nicht. Aber, hey, wenn schon schnulzig, dann richtig. Während ich dort lag, die Stimme und die sanften Klaviertöne auf mich einprasselten, konnte ich mir alles ausmalen. Dass sie mich liebt, dass sie mich nicht liebt, dass sie mich wieder liebt. Dass sie mich vielleicht mag. Oder auch, dass sie mich lieben wird, es aber nur noch nicht weiß.

Unberechenbar, hinein ins Meer der Verzweiflung

Überhaupt, Musik ist so etwas wie dein bester Kumpel. Denn leiden lässt es sich am besten, wenn die richtige Atmosphäre herrscht. Dafür braucht es Musik. Ob Toni Braxton, Radiohead, Adele, Stevie Nicks oder Joe Cocker – es gibt viele Interpreten, deren Songs man sich am besten dann gibt, wenn das Herz zu verkümmern scheint. Auf den Punkt gebracht hat es für mich Billy Joel in ‚She’s always a Woman‘: „And she’ll promise you more than the garden of Eden, then she’ll carelessly cut you and laugh while you’re bleeding. But she brings out the best and the worst you can be.“ So bist du, lieber Liebeskummer, so sind wir Menschen: Unberechenbar, von himmelhochjauchzend plötzlich hinab in die niedersten Meere aus Verzweiflung und Einsamkeit. Du führst uns vor Augen, was unsere schlimmsten und unsere besten Seiten sind.

Du machst mich kreativ

Das Paradoxe an dir ist, lieber Liebeskummer, dass du mich in einen unheimlich kreativen Zustand versetzt. Klar, manchmal erwischst du einen so sehr, dass man schlichtweg gar nichts mehr machen kann, gar nichts mehr fühlt. Das ist dann ein Heartbreak-Overkill, den ich niemandem wünsche. Aber sofern du mich mit deiner bittersüßen Art in einem erträglichen Rahmen plagst, treibst du mich in gewisser Weise an. Dann schreibe ich Texte, die ich im „normalen“ Zustand gar nicht schreiben könnte. Ich mag diese seidige Melancholie, die du dann meiner Seele einimpfst. Eine Melancholie, die mich dazu animiert, den ganzen Tag am Fluss entlang zu spazieren und mir auch mein Notizbuch einzupacken, da mir alle drei Minuten etwas einfällt, das ich aufschreiben muss. Das kann mir kein Literaturkurs, kein Songwriting-Workshop beibringen. Das kannst nur du, lieber Liebeskummer.

Klar, ich bin auch zufrieden, wenn ich dich mal los bin. Wenn ich weiß „So wie es jetzt ist, ist es gut“ – wie auch immer dieses „Jetzt“ dann aussehen mag. Und doch wäre mein Leben um einiges ärmer, wenn du mich zwischendurch nicht mit deiner Präsenz beglücken würdest, lieber Liebeskummer. Ich danke dir dafür, dass du immer wieder meine Gedanken durchwanderst und mich mit diesem herrlich widersprüchlichen Schleier umhüllst, der mich auf ewig fragend, träumend und hoffend zurücklassen wird. Denn ich bin nur ein Mensch aus Fleisch und Blut.

Der ZEITjUNG-Herzschmerz-Sound

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Bildquelle: Pexels