Backup Partner

Backup-Partner: Der Plan-B für die Liebe

Wir alle haben ihn, diesen einen Menschen, mit dem es irgendwie nie so richtig geklappt hat. Diesen einen Kerl, den wie in der Schule schon toll fanden und mit dem es mal fast zum Kuss gekommen wäre. Diese eine Frau, mit der wir auf 100 Festivals waren und mit der doch nie was gelaufen ist. Wenn’s in unserer Beziehung nicht so gut läuft, dann spinnt unser Hirn aus diesen Menschen eine alternative Beziehung. Geleitet von einem Gedanken: Was wäre wenn?

Wer sich nun ertappt fühlt, der kann aufatmen, denn Studien zufolge haben 83,3% der Singles und 55,6% der Personen in Langzeitbeziehungen einen Plan-B für die Liebe. Dabei geht es nicht unbedingt um eine tatsächliche Konkurrenz für den derzeitigen Partner, sondern eher um eine Fantasie. Ein Hirngespinst für einen alternativen Lebensentwurf, den eine andere Version von einem selbst hätte leben können.

Darüber hinaus ist die Datenlage jedoch dünn, was alleine schon daran liegt, dass es sich bei Backup-Partnern um ein extrem tabubesetztes Thema handelt. Niemand möchte gerne öffentlich zugeben, dass er oder sie sehr viel Zeit damit verbringt an jemand anderen als den oder die eigene Partner:in zu denken.

Doch warum gibt es dieses Phänomen?

Aufgrund der dünnen Datenlage ist dies – gerade bei Personen über 30 – schwer zu sagen. Wissenschaftler:innen gehen jedoch davon aus, dass die Gründe für einen Backup Partner sich je nach Alter der Person massiv unterscheiden.

So tasten sich Menschen in ihren 20ern häufig noch an das Konzept der Monogamie und der dauerhaften Partnerschaft heran. Häufige Partnerwechsel sind in diesem Zeitraum viel üblicher als in den 30ern oder 40ern. Ein Backup-Partner kann hier also eine echte Alternative zur derzeitigen Partnerschaft darstellen. Frei nach dem Motto: Sicherstellen, weitersuchen. Das mag hart klingen, aber gerade Dating-Apps bieten vielen jungen Menschen die Chance, sich permanent nach jemand „besserem“ umzusehen.

Werden die Beziehungen um einen herum jedoch immer stabiler, so ändert sich auch die Rolle des Backup-Partners zusehends. Für Frauen in ihren späten Dreißigern, wird der Backup-Partner irgendwann zum Joker, auf den man sich verlassen kann, wenn die Ehe in die Brüche geht. Denn egal wie emanzipiert wir heute sind, in vielen Fällen sind gerade junge Mütter für die ersten Jahre stark von ihrem Partner abhängig. Beschließt dieser, sich eine andere zu suchen, ist das Single-Dasein schnell existenzbedrohend. Backup-Partner sind in diesem Fall also eine pragmatische Form der Art Risikodiversifizierung. Sie entspringen nicht mehr ausschließlich unserer Fantasie und sind auch keine fernen Bekannten, sondern uns nahestehende Personen. Das können gute Freunde, Kollegen oder ehemalige Kommilitonen sein, mit denen wir immer noch in Kontakt stehen.

Wenn der Kopf fremdgeht

Gerade, wenn es mit unserem derzeitigen Partner nicht so gut läuft, wird die Fantasie aktiv und baut eine Wunschvorstellung mit dem Backup-Partner auf. Wäre mit ihm nicht alles einfacher? Wäre die Beziehung harmonischer? Fragen, die wir in der Wirklichkeit fast nie überprüfen können, denn in den allermeisten Fällen bleibt dieses Hirngespinst genau das. Eine Wunschvorstellung für schwere Zeiten, die ebensoschnell wieder zur Seite gelegt wird, wenn es in unserer Beziehung wieder besser läuft.
Denn Fakt ist: Der Mensch ist faul und risikoavers. Damit man die aktuelle Partnerschaft verlässt muss schon sehr viel passieren, gerade wenn Kinder im Spiel sind und man schon sehr lange zusammen sind.

Die Vorstellung eines Backup-Partners sollte man folglich nicht zu ernst nehmen, sondern die Verantwortung hierfür lieber in der Evolution suchen. Es ist nicht verwerflich, sich absichern zu wollen, gerade wenn es nur in der Fantasie passiert. Wir alle haben Angst vor Einsamkeit oder dem großen Unbekannten, dennoch sollten wir uns lieber auf unsere tatsächlichen Beziehungen konzentrieren, denn die zu intensive Beschäftigung mit dem Plan-B lenkt und lediglich von der Realität ab und hält uns im schlimmsten Fall davon ab, unserem aktuellen Partner und der Beziehung mit ihm genug Raum zu schenken.

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Bildquelle: Thought Catalog on Unsplash; CC0-Liznez