Mann und Frau bei einem Streit

Nähe und Distanz: Das Beziehungsproblem schlechthin

Nähe und Distanz, a.k.a. Bindung und Autonomie

Die Psychotherapeutin und Autorin Stefanie Stahl bricht das Nähe- und Distanzproblem auf zwei noch grundlegendere menschliche Bedürfnisse herunter: Bindung und Autonomie. Menschen haben beides in ihrer Kindheit unterschiedlich gut „gelernt“. Personen, in denen Autonomie stark verankert ist, haben häufig Probleme damit, sich wirklich auf jemanden einzulassen. Analog dazu verstehen Menschen, die sich problemlos an jemanden binden können, häufig nicht, was die Autonomie-Fanatiker eigentlich für ein Problem haben. Es ist also sehr individuell, wie viel Nähe eine Person zulassen kann und wie viel Distanz sie wahren möchte. Da die mögliche Bandbreite so groß und jede vermeintliche Einheit auf dieser imaginären Skala doch noch einmal unterteilbar ist, ist es beinahe unmöglich, eine*n Partner*in zu finden, der oder die ein genau gleich großes Bedürfnis nach Nähe bzw. Distanz hat. Und das führt unvermeidlich zu Streitigkeiten. Wie kann man nun daran arbeiten?

Kommunikation und Respekt

Die Antwort lautet wie so oft: gute Kommunikation. Das gilt prinzipiell für beide Parteien, aber insbesondere für die Person, die mehr Distanz braucht. Denn meiner Erfahrung nach fühlen sich diese Menschen schnell überfordert und wollen flüchten, wenn ihr*e Partner*in so viel Nähe sucht, dass sie nicht mehr damit umgehen können. Das ist aber nicht hilfreich, denn wenn ihr einfach einen Schritt zurück macht, ohne vernünftig zu kommunizieren, was euch gerade stört, dann kommt die andere Person instinktiv einen Schritt hinterher. Also: Erinnert euch daran, dass ihr der Sprache mächtig seid und versucht, eure Gedanken zu erklären und dem Menschen, den ihr liebt, trotzdem ein gutes Gefühl zu geben.  

Auf der anderen Seite sollten Leute, die mehr Nähe suchen, lernen, die Grenzen der anderen Person zu respektieren. Es gibt nun einmal Leute, die nicht jede freie Minute mit dem*der Partner*in verbringen wollen und die sich davon erdrückt fühlen. Das bedeutet aber nicht, dass sie euch weniger lieben als ihr sie. An dieser Stelle ist es wichtig, zu verinnerlichen, dass nicht alle Menschen gleich sind und dass es okay ist, wenn jemand Dinge anders sieht als ihr.