Nach der Trennung zum Friseur: Vielen geht es dadurch besser

Breakuphair: Weg mit den Haaren – weg mit dem Ex?

Unter dem Hashtag #breakuphair finden sich viele Beiträge von Frauen mit neuen Frisuren. Der sogenannte „Trennungshaarschnitt“ ist jedoch nicht nur ein Phänomen der sozialen Medien, sondern hat auch einen psychologischen Hintergrund.

Als ich mich damals von meinem Freund getrennt habe, ist das erste, was ich getan habe, mir die Haare zu schneiden. Nicht einmal 24 Stunden habe ich gewartet. Von ganz lang bis zu knapp über dem Kinn. Ich habe mich irgendwie befreit gefühlt und unabhängig. Ein bisschen so, als ob ich die Luft angehalten hätte und jetzt wieder aufatmen könnte. Und da bin ich sicherlich nicht die einzige. Wenn ich mich so in meinem Freundeskreis umsehe, sind viele Frisuren durch Trennungen entstanden. Von hell zu dunkel, von lang und glatt zu Stufen mit Pony. Unsere Frisuren scheinen Ausdruck unserer Emotionen zu sein, sagen, wie wir uns womöglich fühlen wollen. Ein bisschen wie das Spiegelbild unserer Gedankenwelt.

Haareschneiden als Bewältigungsmechanismus

„Wenn man sich schlecht fühlt, ist es ganz natürlich, Änderungen an seinem Äußeren vorzunehmen – in der Hoffnung, dass es einem innerlich dann auch besser geht“, erklärt Beziehungspädagogin Dr. Laura Berman gegenüber der InStyle. Das Haareschneiden ist eine gute Ablenkung sowie Bewältigungsmechanismus. Die langen Strähnen sind all die Wut, die Trauer und die Enttäuschung. Schneidet man sie ab, fühlt es sich an, als ob man sich auch von den negativen Gefühlen trennen würde.

Nach einer Trennung fühlen wir uns verloren, manchmal auch gedemütigt. Ein bisschen so, als ob uns etwas von unserer Identität geraubt worden wäre. Mit einem Friseurbesuch mache ich etwas für mich und mein angefressenes Selbstwertgefühl. Ich hole mir das zurück, was mir genommen wurde. Es kann Zeichen von Empowerment sein. „Dein Haar drückt nicht nur einen Teil deiner Identität aus, es ist auch noch eines der wenigen Dinge, die sich recht einfach kontrollieren lassen“, sagt auch Dr. Sanam Hafeez, Neuropsychologin und Professorin an der Columbia University. „Eine neue Frisur kann ein deutliches Statement sein: Vielleicht möchtest du etwas verkünden, ohne es tatsächlich auszusprechen, oder deine innere Verwandlung auch nach außen zeigen. Mit einer neuen Frisur kannst du dich fühlen wie ein neuer Mensch.“

Haare haben eine hohe psychologische Wirkung. Psycholog*innen sprechen sogar von der „Sprache der Haare“. Das Haar kann als zentraler Auslöser von Sympathie und Antipathie gesehen werden, es drückt kulturelle Zugehörigkeit aus. Diese Bedeutung zeigt sich schon in den typischen Frisuren der ägyptischen Malerei oder dem leicht gewellten Kurzhaarschnitt der Römer.

Wir modellieren mit unseren Haaren ein bestimmtes Bild

Nichts lässt sich außerdem so leicht verändern, wie die Frisur. Eine radikale Veränderung ist immer reversibel. „Das ist mit keinem anderen Teil des Körpers möglich“, so der Psychologe Dr. Ronald Henss. „Wenn man sich einen Arm abschneidet, dann ist das auch eine radikale Veränderung, aber der wächst nicht nach.“ Deshalb sage auch nicht so sehr die natürliche Haarfarbe oder Beschaffenheit etwas über die Persönlichkeit aus, sondern, welches Bild jemand daraus modelliere, um auf eine bestimmte Weise wahrgenommen zu werden.

Ich bin ehrlich: Meine neue Frisur sollte meinem Ex-Freund eines reinwürgen. Er fand lange Haare immer schöner. Ich wollte ihm zeigen, dass mir seine Meinung egal ist und ich mache, was ich möchte. Kindisch, so rückblickend gesehen. Aber ich weiß, dass es funktioniert hat: Als wir uns später noch einmal unterhalten haben, hat er mir erzählt, dass die fehlenden Strähnen ihn verletzt haben.

Trotzdem sollte man sich die Haare niemals aus Rache schneiden. Wut und übergekochte Emotionen sind nie ein guter Antrieb, Entscheidungen zu treffen. Außerdem macht man damit ja irgendwie genau das, was man nicht mehr will: Sich von der alten Beziehung abhängig. Die Trennung ist ein guter Anlass, sich neu zu erfinden. Wer möchte ich sein? Aber diese Frage sollte man ganz für sich selbst entscheiden – ohne Hintergedanken.

Vor allem sollten wir nicht vergessen, dass die Strähnen, die da auf dem Boden liegen, nicht reichen, eine Trennung zu verarbeiten. Die Probleme bleiben nicht im Friseur-Salon. Wir werden sie weiter mit uns herumtragen. Die neue Frisur ersetzt keine Trauer- und Bewältigungsphase. Sie kann uns jedoch helfen, uns selbstbewusst neu zu erfinden. Wie Coco Chanel einmal sagte: „Eine Frau, die sich die Haare abschneidet, will ihr Leben verändern.“

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Bildquelle: Nick Demou von Pexels; CC0-Lizenz