Nachruf auf Chester Bennington: Danke für die erste Maxi-CD, das erste Bandshirt, das erste Livekonzert

Von Maxi Jung

Die erste Maxi-CD

 

„Können wir das Geschrei mal leiser drehen?“ Zugegeben: Meine Eltern brauchten ein wenig Zeit, um sich an den Musikgeschmack ihrer neunjährigen Tochter zu gewöhnen. Und auch, wenn Linkin Park später nur selten so metal-lastig klangen wie auf „Hybrid Theory“ (2000), so nahm ich das als Grundschüler nicht war. Im Gegenteil: Die Erstauskopplung „One Step Closer“ war Dank Chester Bennington eines der melodischsten Lieder, die ich bis dahin gehört hatte – und so verdammt anders als die übrigen Songs, die bei VIVA oder Top of the Pops performed wurden. Im Supermarktregal entdeckte ich irgendwann das Cover und kaufte meine erste Maxi-CD, die anschließend auf Dauerrotation lief.

 

Das erste Bandshirt

 

Nachdem auch bei der älteren Generation angekommen war, dass dieser Crossover-Sound durchaus Wiedererkennungswert und sogar Melodie hat, gab’s zu Weihnachten das entsprechende Bandshirt! Mein erstes! Und während auf dem Schulhof die großen Diskussionen ausbrachen, wer denn nun in Team Nick, Brian oder A.J. spielen durfte, war ich mit meinem Chester-Konterfei relativ exklusiv.

Spätestens mit der Single Crawling (2001) erreichte die Band aus L.A. in Deutschland einen Bekanntheitsgrad, der für die „Nu-Metal“-Szene (denn zu diesem Genre zählte die Band anfangs) alles andere als gewöhnlich war. Die bis dahin eher unterrepräsentierte Mischung aus harten Gitarren, Rap, Shouts und elektronischen Beats erlangte eine Salonfähigkeit, von der die heutigen Nachwuchsbands des Genres profitieren.

Und auch, wenn der Linkin Park-Sound sich in den vergangenen 21 Jahren seit Bandgründung oftmals geändert hat – die Entscheidung ob zum Besseren oder nicht sei jedem selbst überlassen – war Chesters Eindringlichkeit, Kraft und Präsenz kennzeichnend für die Band und die damit einhergehende Hitgarantie.

 

Das erste Livekonzert

 

Diese Präsenz multiplizierte sich auf der Bühne und mit seiner Ausstrahlung wuchs der eher schmächtige Chester zu einer Urgewalt heran.

Chester hinterlässt nicht nur eine Frau und sechs Kinder, sondern zudem ein großes Loch in der Musikwelt. Kommerzdebatte hin oder her: Er hat mit seine Band Pionierarbeit geleistet. Man wusste von seinen Drogen- und Alkoholproblemen sowie den Depressionen, die ihn bereits seit langer Zeit quälten. Dennoch trifft sein Tod die Fans unerwartet. Im Frühjahr hatte Linkin Park noch ihr viel diskutiertes Album „One More Light“ (2017) veröffentlicht.

Im Mai nahm sein guter Freund Chris Cornell (Sänger der Bands Audioslave und Soundgarden) sich das Leben, indem er sich erhängte. Ein Tod, den offensichtlich auch Chester für sich wählte – am 20.07.2017, dem Tag, an dem Cornell eigentlich 53 Jahre alt geworden wäre.

Die Faktenlage ist noch nicht ganz eindeutig, aber sollten diese Vermutungen bestätigt werden, so wäre dies der dramatisch radikale Abgang eines Mannes, der sein Leben der Musik und dem damit leider oftmals einhergehenden Lifestyle verschrieben hatte.


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