Das Zeitgefühl: Warum fühlt sich Zeit manchmal so komisch an?

Was ist Zeit und was macht Zeit mit uns, unserem Leben und der Gesellschaft? Zeit ist mehr eine Erfindung als eine bloße Tatsache. Zeit ist Geld. Oder doch Gold?  Sie ist auf jeden Fall wertvoll. Ich glaube da stimmen alle uneingeschränkt zu. Zeit kann aber auch ein Stressfaktor sein. – Wieviel Zeit haben ich noch? – Wie spät ist es? – Wann kommt der Bus? – Wann beginnt die Vorlesung? – Nutze ich meine Zeit?

Das heutige Leben ist eingebettet in einen strengen Zeitplan. 24 Stunden hat ein Tag, 7 Tage hat eine Woche, 60 Sekunden eine Minute. Doch wie lang geht ein Moment? Wie lang geht ein Lächeln und wie lange braucht eine Träne die Wange runterzulaufen? Alles nicht klar einteilbar. Alles was von Bedeutung ist, kann man nicht zeitlich definieren. Zeit bietet Struktur, aber Zeit ist nicht logisch und vorne an die Frage: Wie subjektiv ist Zeit?

Geschwindigkeit

Drei Aspekte sind besonders interessant. Da ist das Tempo von Zeit, das Erleben und das Fehlen von Zeit. Für ersteres ist das positive oder negative Empfinden der Schnelligkeit entscheidet. Es gibt keine Lösung dazu, ob schnelles oder langsamen Zeitvergehen schöner ist. Es ist viel mehr eine Wegkreuzung, die in zwei komplett verschiedene Richtungen geht. So wohl das schnelle Vobeihuschen von Zeit als auch das Gefühl, dass sich Zeit endlos zieht, wie ein ultradehnbares Kaugummi, kann als unangenehm wahrgenommen werden. Zum Beispiel, wenn man im Matheunterricht saß und sich die Zeit so schlimm lange angefühlt hat. Anders ist es auch wenn die Tage wie im Rausch vorbeiziehen und man das Gefühl hat, viel zu verpassen und gar nicht richtig zu leben. Beides weniger berauschende Gefühle.

So wie sich beide Richtungen doof anfühlen können, können sie auch positive Empfindungen auslösen. Wenn man zum Beispiel mit einer Person zusammen ist, die man sehr mag und sein Gefühl für Zeit verloren hat. Die Zeit kann dort im Flug vergehen, wenn man aber einer anderen Person in die Augen schaut, ist es als wäre eine Sekunde eine Stunde lang. Es gibt das positive, beziehungsweise negative Bewerten von Zeit in beide Richtung. Das schnelle vergehen der Zeit kann sich genauso gut und schlecht gleichzeitig anfühlen wie das langsame Zeitvergehen.

Erleben

Da die gefühlte Geschwindigkeit schon unterschiedlich ist, je nach Person und Situation, muss das generelle Erleben erst recht individuell sein. Ist eine Minute für alle gleich lang? Die Uhr sagt ja, aber das Gehirn auch? Es ist also im Grunde wie bei der Schnelligkeit eher eine Frage der Beurteilung und der inneren Vorgänge des Gehirns als der mechanischen Bewegung der Sekunden- und Minutenzeiger. Es ist dasselbe Dilemma wie mit Farben oder allem, was mit individueller Wahrnehmung zu tuen hat. Ist Blau das gleiche für dich wie für mich? Ist eine Stunde gleich lang für euch wie für uns? Leider kann man dieses innere/ äußere Dilemma nicht überwinden. Auch beim Zeitgefühl nicht.

Keine Zeit?

Ein interessantes Gedankenexperiment ist die Vorstellung vom kompletten Fehlen der Zeit. Wenn auf einmal alle Uhren der Welt verschwinden würden. Was wäre Zeit dann? Genau. Nichts. Da es eben nur eine Erfindung ist, wäre das Fehlen der Zeit nichts was auffallen würde. Die Erde würde sich weiterdrehen und die Sonne auf- und untergehen. Oder ist Zeit doch etwas abgekoppeltes? Etwas für sich selbst existierendes. An dieser Stelle müsste wohl Schrödingers Katze gefragt werden, ob es Zeit auch ohne uns gibt.

Das Pakinson’sche Gesetz

Das Pakinson’sche Gesetz ist ein weiteres Phänomen des Zeitgefühls. Mit diesem Gesetzt lässt sich wohl so gut erklären, wie relativ Zeit eigentlich ist. Mehr Zeit zu haben bedeutet nicht unbedingt auch schneller fertig zu werden. Mehr Zeit bedeutet also nicht gleich mehr Zeit? Nach dem Pakinson’sche Gesetz wäre mehr Zeit nicht unbedingt hilfreich, um eine Sache besser oder schneller zu machen. Im Gegenteil: Die Arbeitszeit verlängert sich, wenn man mehr Zeit zur Verfügung hat. Letztendlich lässt sich das Pakinson’sche Gesetz auf folgende Aussage herunterbrechen: Eine Aufgabe zieht sich so lange wie Zeit da ist.

Zum Ende sollte gesagt sein, dass Zeit eine viel deutbarere und vor allem viel wandelbarere Sache ist, als wir im Alltag eventuell annehmen. Die Existenz der Zeit hat vor allem einen praktischen Grund. Unser Leben ist streng getaktet und ermöglicht Menschen in einer Gesellschaft die produktivste Produktivität überhaupt zu erreichen. Historisch, evolutionär und biologisch betrachtet ist das strenge Takten vom Leben aber das genaue Gegenteil der menschlichen, beziehungsweise tierischen, Natur. Wenn es um das Empfinden der Zeit, also dem Zeitgefühl, geht, kommt man zum Resultat, dass es ziemlich subjektiv ist. Selbst wenn wir die Zeit gleich wahrnehmen, ist dies ja erst der Anfang der neuronalen und psychischen Prozessen, die darauffolgen. Die Wahrnehmung ist lediglich das Futter.  Im Grunde geht es nicht um die Wahrnehmung der Zeit, sondern um die individuelle Bewertung.

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Bildquelle: Paulo Freitas auf Pexels; CC0-Lizenz