Eine Frau mit schwarzen Haaren und einem silbernen Bandana steht vor einer Wand, die mit schwarz-weißen Postern beklebt ist, und schaut in die Kamera.

Deutschrap und Feminismus – passt das zusammen?

Außerdem darf man nicht vergessen, dass Rapper*innen immer auch Kunstfiguren sind. Die wenigsten reflektieren in ihren Liedern ihr eigenes Leben – es ist, zumindest am Anfang ihrer Karriere, häufig eher eine Wunschvorstellung von dem, was sie irgendwann einmal erreichen möchten. Diese Wunschvorstellungen finden sich im selben Ausmaß auch in den Köpfen von tausenden anderen – mit dem einzigen Unterschied, dass diese sie nicht in solch einer expliziten Ausdrucksform an die Öffentlichkeit herantragen. Wenn Apache 207 darüber rappt, dass er gerne eine „Bitch like Barbie“ durch die Gegend fährt, dann ist das Teil seines Images: Das Image eines Machos, Draufgängers, eines harten Mannes aus dem Bilderbuch. Ob man das wiederum gut und unterstützenswert findet, ist jedem selbst überlassen. Dass dies allerdings zu einem gewissen Maße auch der gesellschaftliche Anspruch an Männer und dadurch dementsprechend häufig ihre Vorstellung von einem erstrebenswerten Lifestyle ist, ist ein grundlegendes Problem, dessen Ursache auf einer allgemeineren Ebene gesucht und beseitigt werden sollte.

Letzten Endes darf jeder für sich selbst entscheiden, welche Musik er hören möchte und welche nicht. Meines Erachtens nach sollte man sich seinen eigenen Musikgeschmack nicht dadurch verbieten lassen, welches (Selbst-)Bild andere in ihren Liedern erschaffen wollen. Wenn du einen Song hörst, weil dir die Melodie oder der Vibe einfach gefällt, du dabei aber nicht ganz so genau auf die Lyrics achtest, ist das vollkommen ok. Es wäre schön, wenn Rapper irgendwann selbst zu der Einsicht kommen würden, etwas an ihren Texten zu ändern. Schließlich sind ihre Lieder ihr eigenes Werk und die Reflektion ihres eigenen Denkens. Doch solange das nicht passiert, sollten wir uns davon nicht zu sehr einschränken lassen.

Meine persönliche Grenze ziehe ich allerdings dann, wenn sich Künstler*innen außerhalb ihrer Songs in Sexismus-Vorwürfe oder frauenfeindliche Straftaten verstricken – und das komplett unabhängig vom Genre. So skippe ich auch heute noch gerne jeden Song von Chris Brown, der 2009 seine damalige Freundin Rihanna schlug. Und seitdem Bonez MC von den 187ern vor einigen Wochen behauptete, Frauen sollten sich durch Sport oder andere Hobbies „sexy machen“, bevor sie sich wundern, dass Männer sie „nur ficken“ wollen, verärgert es mich auch ziemlich, wenn ich seinen Namen in einer von mir gespeicherten Spotify-Playlist finde. Besonders wichtig finde ich solch ein Verhalten bei Künstler*innen, die schon seit Jahren erfolgreich sind, obwohl man sie längst hätte canceln sollen. Das zeigt, dass eigentlich viel zu wenig Druck gemacht wird: Prinzipiell hätten wir als Konsumenten die Macht, solche Musiker*innen zur Einsicht zu zwingen und für ihre Aussagen und Taten verantwortlich zu machen.

Deshalb: macht euch keine Sorgen, wenn ihr Lieder hört, in denen die Wörter „Bitch“ oder „Hoe“ fallen – aber werft öfter mal einen kritischen Blick darauf, wen ihr als Person und nicht nur als Kunstfigur mit euren Streams unterstützt.

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Bildquelle: Unsplash; CCO-Lizenz