Frau lesend am See

Eine Idee Liebe: Simone de Beauvoir und die Utopie der Liebe

Ihre Beziehung war nie romantischer Natur gewesen.

Auch eine Wohnung teilten die beiden sich nie. Das war Simone wichtig. Denn sie war der Überzeugung, dass eine Frau immer automatisch die Haushälterinnenrolle übernähme, sobald sie mit einem Mann zusammenlebe. Darauf hatte sie keine Lust. Die getrennten Wohnungen waren also eine Art Selbstschutz. Auch auf Reisen buchten Sartre und de Beauvoir immer getrennte Zimmer. Wer getrennt wohnt, schläft besser (auch im Hotel).

Ihr merkt schon, eine klassische Beziehung war das nicht. Wahrscheinlich würden die beiden heute noch schräg angeschaut werden, wenn sie im Jahr 2021 von so einer Lebensweise erzählen würden. Jetzt stellt euch mal die Blicke unter damaligen Umständen vor. Doch das war ihnen egal. Statt einer Ehe schlossen die beiden irgendwann einen Pakt. Mit dem Wissen von heute würde man das, was sie lebten sehr wahrscheinlich als offene Beziehung beschreiben. Sie fassten zunächst auf zwei Jahre den Entschluss, die gemeinsame Beziehung als eine Art Ankerbeziehung an die erste Stelle zu setzen. Dieser Beziehung wurden die Affären dann untergeordnet. Gleichzeitig schworen sie sich immer ehrlich zueinander zu sein. Alles sollte ausgesprochen werden. Radikale Offenheit.

Die Idee kam von Sartre. Er wollte Simone an sich binden, bezeichnete seine Gefühle zu ihr als notwendige Liebe. Gleichzeitig wollte er aber auch die spontane Liebe erfahren. Durch seine Geliebten.  

Denn, obwohl Sartre kein besonders attraktiver Mann war – klein, dicklich, schielte, humpelte – wurde er von jungen Frauen umschwärmt. Er war interessant, ein guter Redner und ein aufmerksamer Zuhörer.