Zwei Menschen an einem Tisch

Das Vorstellungsgespräch: Fiese Fragen & kluge Antworten

Kerstin Woll ist Senior HR Business Partner für die Märkte Deutschland, Österreich, Schweden und Großbritannien bei der Jobplattform Monster und beschäftigt sich fortlaufend intensiv mit allen HR-Themen und aktuellen Entwicklungen im Recruiting. Monster ist eines der bekanntesten privaten Online-Karriereportale in Deutschland mit einem umfassenden Service- und Informationsangebot rund um Beruf und Karriere.

Kerstin Woll ist Expertin in Sachen Vorstellungsgespräch und hat mit uns im Interview über fiese Fragen und kluge Antworten gesprochen.

Wusstet ihr’s? Laut einer Umfrage von Monster haben ein Drittel aller Deutschen Angst vor Vorstellungsgesprächen. Im Interview teilt die HR-Expertin hilfreiche Tipps für Bewerber:innen und kann damit vielleicht dem einen oder anderen dabei helfen, diese Angst zu überwinden.

ZEITjUNG: Welche Fragen werden am häufigsten gestellt?

Kerstin Woll: „Der absolute Klassiker ist sicherlich die Einstiegsfrage oder besser gesagt die Bitte: ‚Erzählen Sie uns etwas über sich.‘ Für diese Standardfrage sollten Bewerbende definitiv eine gut vorbereitete Antwort parat haben.

Personaler:innen wollen damit prüfen, ob der oder die Kandidat:in Inhalte klar strukturieren und überzeugend argumentieren kann. Bewerbenden gibt das die Chance, sich selbst zu präsentieren, die eigenen Stärken klar herauszustellen und bereits den Bogen dazu zu schlagen, wie sie und ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zum Unternehmen und der Stelle passen.“

Am besten, so empfiehlt die HR-Expertin, verpacken sie diese kurze Selbstpräsentation wie eine kleine Geschichte in maximal zwei bis drei Minuten. Das gebe den Interviewenden die Möglichkeit, bei den Themen, die sie besonders interessieren, nachzuhaken und das Gespräch ganz natürlich in die Tiefe zu führen.

ZEITjUNG: Gibt es noch weitere häufige Fragen, auf die Bewerber:innen in jedem Fall vorbereitet sein sollten?

Kerstin Woll: „Klar, neben der Frage nach der Selbstpräsentation beziehen sich die häufigsten Fragen direkt auf den Job und die geforderten Skills, um herauszufinden, ob jemand für die Rolle geeignet ist. Dazu zählen Fragen wie: ‚Warum haben Sie sich auf diese Stelle beworben?‘, ‚Warum ist dies der nächste Schritt für Sie?‘, ‚Welche Aufgaben machen Ihnen am meisten Spaß?‘, ‚Wo könnten die größten Herausforderungen für Sie liegen?‘. Solche und ähnliche Fragen kommen in jedem Vorstellungsgespräch vor.

Recruiter:innen wollen damit nicht nur etwas über das Können, sondern auch die Motivation der Bewerbenden erfahren. Zur Vorbereitung sollten Jobsuchende sich vorher eingängig Gedanken dazu machen, was ihre wichtigsten Skills und Erfahrungen sind und wohin sie beruflich wollen.“

ZEITjUNG: Welche Fragen sind die schwierigsten?

Kerstin Woll: „Fragen, die vermeintliche Schwächen herauskitzeln sollen, werden von Bewerbenden häufig als schwierig empfunden. Dazu gehören Fragen wie: ‚Womit können Sie gar nicht umgehen?‘, ‚Welche Aufgaben liegen Ihnen gar nicht?‘. Hier gilt es, offen und reflektiert eigene Defizite anzusprechen und zugleich aufzuzeigen, wie man damit umgeht.

Scheut man beispielsweise das Rampenlicht, muss im Job aber hin und wieder Präsentationen halten, kann man anführen, dass man bereits ein Präsentationstraining absolviert hat und daher mittlerweile trotz Nervosität sicher vor Publikum auftreten kann.

Auch die Frage ‚Wieso denken Sie, dass Sie geeignet sind für diese Stelle?‘ wird häufig als Aufhänger genommen, um Nachfragen zu stellen und Schwächen aufzuzeigen. Das Unternehmen hat meist eine klare Vorstellung von der idealen Kandidatin oder dem idealen Kandidaten. Also wird vor allem darauf geachtet, welche Eigenschaft bei der Beantwortung nicht genannt wird, für das Unternehmen aber wichtig ist und dann wird genau dort nachgehakt.“

Bewerber:innen sollten laut der HR-Expertin also darauf gefasst sein, dass sich aus ihren Antworten auf diese Frage weitere Fragen ergeben können. Jedoch sollten sie sich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen. Auch Fragen wie „Wie ist der oder die ideale Chef:in?“ können schwierig sein, wenn die Person im Gespräch anwesend ist, die künftig die vorgesetzte Person sein wird.

„Auf solche Fragen sollten Bewerbende sich gut vorbereiten und beispielsweise vermeiden, über den oder die alte Chef:in herzuziehen, um aufzuzeigen, wie sie sich eine:n Vorgesetzte:n nicht vorstellen. Stattdessen sollten sie positiv und konstruktiv an die Sache herangehen und ihre Erwartungen offen kommunizieren“, meint Kerstin Woll hierzu.

ZEITjUNG: Und wenn man als Bewerber:in mal ein totales Blackout hat?

Kerstin Woll „Nun, es kann natürlich trotz intensiver Vorbereitung auch passieren, dass Fragen gestellt werden, auf die ich mich nicht vorbereitet habe. Davon sollten sich Bewerbende jedoch nicht einschüchtern lassen. Personaler:innen wollen damit oft einfach testen, wie Kandidat:innen unter Druck arbeiten oder bei jemanden, der bisher allzu glatt rüber kam, einen Blick hinter die Fassade erhaschen, um einen persönlicheren Eindruck zu bekommen. Daher gilt: Ruhe bewahren und authentisch bleiben.

Laut der HR-Expertin ist es also erstmal kein Beinbruch, wenn man auf eine Frage keine oder nicht sofort eine Antwort weiß. Eine gute Strategie könne für Kandidat:innen in einem solchen Fall sein, um kurze Bedenkzeit zu bitten. Auch Antworten in Richtung „Das ist eine sehr gute Frage, da müsste ich jetzt etwas länger darüber nachdenken. Aus dem Bauch heraus würde ich aber sagen, …“ seien denkbar. Bei Fragen, die Fakten abfragen, funktioniere das natürlich nicht. Am wichtigsten sei in jedem Fall, dass man bei der Beantwortung ehrlich sei.

ZEITjUNG: Welche Antworten sollte man vermeiden?

Kerstin Woll: „Auswendig gelernte Antworten, die nicht der eigenen Persönlichkeit entsprechen, sollte man unbedingt vermeiden. Die Vertretenden des Unternehmens möchten den oder die Bewerber:in wirklich kennenlernen und keine austauschbaren Standardantworten hören. Auch lügen sollte man nicht. Das fällt einem meist eher früher als später auf die Füße und ist weder für einen selbst noch für das Unternehmen eine gute Voraussetzung für ein gutes Arbeitsverhältnis.“

Ein Geheimrezept für die „perfekten“ Antworten gibt es ihrer Meinung nach nicht.

Denn Bewerbungsverfahren würden sich von Unternehmen zu Unternehmen unterscheiden und auch die Unternehmenskultur spiele im Bewerbungsprozess eine wichtige Rolle. So könne ein:e Bewerber:in in dem einen Unternehmen mit einer Antwort gut ankommen und im nächsten Unternehmen mit der gleichen Antwort vielleicht nicht.

ZEITjUNG: Vielen Dank für die interessanten Tipps und wichtigen Einblicke hinter die Kulissen eines Vorstellungsgespräches! Nach diesem Interview fühle zumindest ich mich ein bisschen sicherer, wenn ich an mein nächstes Bewerbungsgespräch denke.

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Bildquelle: Alex Green von pexels, CC0-Lizenz