7 Fragen, 7 Antworten: Warum kommen uns die besten Ideen immer nachts?
Jeder Mensch hat zwischen 60.000 – 70.000 Gedanken am Tag, die sich wie in einem Karussell in unserem Kopf drehen. Und trotzdem fällt es uns manchmal schwer, genau den richtigen Gedanken zu fassen. Wir zerbrechen uns den Kopf, weil uns diese eine Sache, diese eine superkreative Spitzenidee einfach nicht einfallen will. Egal, wie verkrampft wir darüber nachdenken. Nachts, kurz vor dem Abdriften ins Land der Träume kommt sie uns dann plötzlich wie von selbst, DIE zündende Idee. Ausgerechnet jetzt, wo wir gerade überhaupt nicht daran gedacht haben.
Wie kann es sein, dass uns die besten Ideen immer nachts kommen? Wenn wir am wenigsten damit rechnen? „Alles eine Frage der Gehirnwellen“, wie die Münchner Heilpraktikerin Christine Blunck weiß. Im ZEITjUNG-Interview verrät sie, was Gehirnwellen mit kreativen Ideen zu tun haben, wie wir von einem Gehirnwellen-Zustand in einen anderen wechseln können und warum Pausen und Abschalten so wichtig für unseren Schlaf sind:
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Woran liegt es, dass uns die besten Ideen oft nachts und ganz unerwartet zufliegen?
Christine Blunck: Die besten Ideen kommen uns im entspannten Zustand, also vor allem nachts. Aber auch unter der Dusche oder beim Spazierengehen. Im Prozess des Einschlafens befinden wir uns automatisch im tranceähnlichen Theta-Wellen-Bereich – jetzt kommen die besten Ideen. Meiner Erfahrung nach kommen die Ideen aber sogar eher morgens beim Wachwerden. Wenn man sich also bereits zum Einschlafen eine wichtige Frage stellt und dann morgens aufwacht und noch ein bisschen liegen bleibt – vielleicht kommt die Antwort am Morgen dann von ganz allein. Man kann trainieren, diese Zeitspanne in die Länge zu ziehen, indem man mit geschlossenen Augen noch ein paar Minuten liegen bleibt.
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Kommt daher das Sprichwort, nochmal eine Nacht darüber schlafen?
Darüber habe ich noch nie nachgedacht, aber ja, das kann ich mir durchaus vorstellen. Tagsüber sind wir meistens im Problem- oder Stressdenken, das ist nicht der ideale Zeitpunkt für kreatives Denken – bei den meisten Problemen kann es also wirklich helfen, eine Nacht darüber zu schlafen.
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Die Rede ist von einem tranceähnlichen Theta-Zustand, in dem sich unser Gehirn befindet. Was haben denn Gehirnwellen mit kreativen Ideen zu tun?
Wie wir denken oder wie wir gerade drauf sind, hat sehr viel damit zu tun, in welchem Gehirnwellen-Zustand wir uns gerade befinden. Insgesamt gibt es fünf verschiedene Zustände zwischen denen wir im Laufe des Tages hin- und herwechseln. Wenn wir schlafen, befinden wir uns im Delta-Wellen-Bereich, also im Tiefschlaf. Halbwach sind wir im Theta-Wellen-Bereich, ein sehr interessanter Zustand, in dem wir einen sehr guten Zugang zu unserem Unterbewusstsein haben. Hier können wir kreativ sein – und dann kommen uns auch die guten Ideen.
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In welchem Zustand befindet sich mein Gehirn denn dann tagsüber?
Vom Aufwachen bis zum Einschlafen sollten wir zwischen dem Beta- und dem Alpha-Wellen-Zustand schwanken. In ersterem Bereich ist man, wenn man sich zum Beispiel – so wie wir jetzt – aufmerksam miteinander unterhält. Wenn wir entspannt sind, dann befinden wir uns hingegen im Alpha-Wellen-Bereich. Da sind wir zwar wach, aber in einem entspannteren Zustand, in dem wir so stressbefreit sind, dass wir kreativ sein können. Wer nachts vor lauter rasender Gedanken nicht schlafen kann, dessen Gehirn ist sozusagen noch im Beta-Wellen-Zustand gefangen und kann nicht in einen entspannteren Zustand abdriften.
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Kann ich einen Wechsel zwischen den Zuständen trainieren?
Ja, das geht. In dem Moment, in dem ich mir bewusst mache, dass sich mein Körper gerade im Stresszustand befindet, beobachte ich mein Verhalten quasi von außen. Dann wechseln wir automatisch in einen anderen Modus und sind nicht mehr so gefangen in unserem eigenen Stress.
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Gerade Studenten sind ja oft dauerhaft gestresst und klagen deshalb oft über Schlafprobleme. Ist das vielleicht ein Generationenproblem?
Das glaube ich gar nicht. Schlafstörung ist eines der größten Probleme der gesamten Gesellschaft. Die jüngere Gesellschaft hat vermutlich eher ein Konzentrationsproblem, weil in ihrem Leben so viele Dinge immer gleichzeitig ablaufen. Diese ständige Reizüberflutung ist aber für jeden Geist schwierig. Immer. Je mehr Stress wir tagsüber haben, desto mehr nehmen wir ihn mit in die Nacht, da muss ja alles verarbeitet werden.
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Was wäre denn ein Rat für Studenten, um den Stress vor dem Schlafengehen besser abschütteln zu können?
Je entspannter unser Gehirn ist, umso einfacher kommen die schlauen Gedanken von selbst. Deshalb für alle Studenten: Während dem Lernen Pausen, Pausen, Pausen. Wenige Menschen können länger als eine Dreiviertelstunde konzentriert bleiben, spätestens nach eineinhalb Stunden müssen wir eine Pause machen, um runterzukommen. Das heißt Ortswechsel, Schreibtisch verlassen, frische Luft, raus. Fürs Lernen gilt ja auch, je entspannter wir sind, desto aufnahmefähiger sind wir auch, weil wir dann erst kreativer sein können. Wer also tagsüber entspannt und kreativ ist, kann nachts viel besser einschlafen.
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