Als Frau allein durch Lateinamerika: gefährlich oder nicht?
Jede abenteuerlustige Frau kennt es: Wann immer man etwas wagen will, wird man von allen Seiten freundlichst darauf hingewiesen, dass man dieses und jenes besser nicht tun sollte, so als Frau und so ganz allein. Zu verkünden, dass man allein in ein „gefährliches“ Gebiet reisen wird, kommt da nicht so gut an. Aber wie gefährlich ist es wirklich?
Bevor ich im Frühling für vier Monate nach Lateinamerika aufgebrochen bin, haben mir alle gesagt, dass ich auf mich aufpassen soll. So weit, so gut. Es wäre ja auch irgendwie schlimm gewesen, wenn sich niemand Sorgen um mich gemacht hätte. Und ich bin mir sicher, dass alle Hinweise, die mir gegeben wurden, nur gut gemeint waren.
Dennoch haben Ratschläge à la „Um Gottes willen, tu dies und das bloß nicht, das ist viel zu gefährlich“ eine gleichermaßen einschüchternde wie aggressionsfördernde Wirkung. Wenn man sich ständig anhören muss, wie gefährlich etwas ist, bekommt man allmählich den Eindruck, es könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit etwas Schreckliches passieren, sobald man auch nur allein durch die Straßen läuft.
Und das wiederum macht zumindest mich wütend. Denn wenn Kommentare dieser Art sich häufen, bekomme ich das Gefühl, man wolle mich meiner Abenteuerlust berauben und verhindern, dass ich meine Träume verwirkliche. Denn natürlich beeinflussen mich solche Äußerungen, wenn sie massenhaft vorkommen – bis ich das Gefühl bekomme, dass, was auch immer ich vorhabe, tatsächlich extrem gefährlich ist.
Besonders vor meiner Reise durch Lateinamerika hat es mich wütend gemacht, dass jeder meinte, mir schlaue Ratschläge geben und mich noch einmal daran erinnern zu müssen, wie gefährlich das ganze Vorhaben doch ist.
Und wie gefährlich war es nun wirklich?
Nun, in der Realität kam es mir dann tatsächlich nicht besonders gefährlich vor.
In der Vorstellung der Leute bedeutet eine Reise nach Lateinamerika, dass man an Gangster gerät, die im besten Fall auf der Straße Koks verticken und im schlimmsten Fall Menschenhandel betreiben und geradezu auf der Suche nach dem nächsten Opfer sind. Irgendwo dazwischen sind Raub und Vergewaltigung angesiedelt.
Aber die Wahrheit ist, dass man für gewöhnlich überhaupt keine Chance hat, an so richtig gefährliche Menschen zu geraten. Ich will nicht leugnen, dass immer etwas passieren kann. Man kann überall ausgeraubt werden, genauso wie man überall sexuell missbraucht werden kann.
Darum ist das Einzige, was man meiner Meinung nach als Frau vielleicht nicht tun sollte, nachts allein herumzulaufen. Einige von euch vermeiden das vielleicht auch in Deutschland; ich persönlich ehrlich gesagt nicht. Und ich muss gestehen, dass ich auch in Mexiko, Costa Rica, Kuba und Kolumbien hin und wieder allein durch die nächtlichen Straßen gelaufen bin.