Junge und Mädchen

„Und, was ist es?“– Von Geburt an in einer Geschlechterrolle

Dass das Merkmal Name aber eines ist, welches nicht durch die eigene Person ausgewählt wurde, kann einen durchaus kritisch auf die Namensgebung von Neugeborenen blicken lassen. Es gibt soziologische Geschlechtertheorien, die im Gegensatz zur biologischen Perspektive behaupten, dass die Einteilung in Geschlechter sozialen Mustern unterliegt und Verhaltensweisen nicht geschlechterspezifisch, sondern kulturell geprägt sind. Wenn dies der Fall ist, werden dann Neugeborene durch ihren Namen mit Beginn ihres Lebens in eine bestimmte Rolle gedrängt? Ist dann also im schlimmsten Fall alles vorbestimmt, von der Farbe des ersten Schnullers über die berufliche Anerkennung bis hin zur gesellschaftlich erwarteten Sexualität?

Um diesem Problem entgegenzusteuern, gehen immer mehr Eltern den Weg einer geschlechtsneutralen Erziehung. Angefangen mit einem Namen, der weder auf ein männliches oder weibliches Geschlecht schließen lässt, werden die Kinder frei von jeglichen Geschlechterrollen erzogen. Sogar engen Verwandten und Freunden gegenüber wird das Geschlecht nicht kommuniziert. Somit ist es den Kindern möglich, ihre Neigungen und Interessen frei von der geschlechtsabhängigen Stereotypisierung zu erfahren. Der*die neugeborene Kim wird also beispielsweise nicht in geschlechtertypische Kleidung gesteckt und darf sich aussuchen, ob er*sie lieber mit Fußball und Bagger oder mit Puppen spielt. So die Idee.

Soziale Muster oder biologische Wirklichkeit? 

Manche Geschlechtertheoretiker würden diese Theorie der geschlechtsneutralen Erziehung mit Sicherheit befürworten. Ich jedenfalls stelle mir die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Kategorie „Geschlecht“. Könnten wir unsere Gesellschaft nicht auch nach anderen, scheinbar ebenso banalen Merkmalen kategorisieren? Menschen nach der Hautfarbe und nicht mehr nach dem Geschlecht aufzuteilen, lehnt die Mehrheit ab – völlig zurecht. Aber kann man bei der Zweigeschlechtlichkeit nicht genauso argumentieren, dass sie durch soziale Muster entstanden und somit mehr oder weniger zufällig ist?

Das gesellschaftliche Alltagswissen ist ein anderes. Das Geschlecht scheint biologisch festgelegt und schwer veränderbar, dementsprechend verhalten wir uns auch männlich oder weiblich. So eindeutig wie postuliert ist die Einteilung der Geschlechter mittlerweile aber nicht mehr. Immer mehr Menschen passen nicht in das Schema Mann/Frau. Transgender-Personen oder Geschlechtsumwandlungen gelten (zum Glück) nicht mehr als Tabu. Wenn man also davon ausgeht, es gäbe keine biologisch eindeutigen Unterschiede zwischen Mann und Frau, wäre es dann nicht besser, die Bedeutung der Kategorie „Geschlecht“ zurückzustufen? Sollte man dann nicht vermeiden, Personen nach bestimmten Mustern zu kategorisieren und ihnen somit die Zuschreibung einer bestimmten Rolle ersparen? Ein erster Schritt wäre eine passende Antwort:

„Und, was ist es?“ 

„Wir werden sehen…“ 

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Bildquelle: Pexels; CC0-Lizenz