Homeschooling: Schule auf Abwegen

Alternative Schule in Deutschland: Was ist erlaubt?

Welche Schulformen sind in Deutschland überhaupt anerkannt? Zunächst sei geklärt: Freie Schulen fallen in die Kategorie der Privatschulen. Sie müssen also aus eigener Tasche finanziert werden, was bereits vor der Einschulung einige Hürden aufstellt. Sie werden häufig von Vereinen, freien Trägern oder der Elternschaft selbst gegründet und müssen somit staatlich anerkannt oder genehmigt werden, um als freie Schule agieren zu können. Ist eine Schule anerkannt, darf sie darüber hinaus gültige Schulabschlüsse erteilen.

Freie Schulen legen häufig einen hohen Wert auf flache Hierarchien und ein demokratisches Miteinander. Eltern wie Lehrer*innen werden gleichberechtigt in alle Prozesse miteinbezogen und stabilisieren oder variieren das Schulsystem. Auch der Kontakt mit den Schüler*innen findet auf Augenhöhe statt, diese haben oftmals ein großes Mitspracherecht bei der Gestaltung der Lerninhalte und werden in die Ausarbeitung des Schulalltags mit eingebunden. Prominente Beispiele für freie Konzepte sind Montessori-, Waldorf-, Freinet- oder Jenaplan-Schulen.

Während die Montessoripädagogik ihren Fokus auf die Eigeninitiative des Kindes legt und fordert, Kinder in ihrem eigenen Rhythmus ohne Lob, Strafe oder Kritik lernen zu lassen, stellt das Waldorf-Konzept die intellektuelle Entwicklung des Kindes mit der kreativen und handwerklichen sowie sozialen Entwicklung gleich. Einen festen Stundenplan gibt es in beiden Systemen nicht, stattdessen wird in Epochen oder Monatsplänen gelernt. Die staatliche Anerkennung der Schulen ist derzeit von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. So sind in Hessen sowohl Montessori- als auch Waldorfschulen der Sekundarstufe nach hessischer Definition in der Regel „anerkannt“, in Bayern jedoch beide nicht anerkannt, sondern lediglich „genehmigt“. Eltern und Erziehungsberechtigte sollten sich demnach zunächst über die Regelungen der unterschiedlichen Bundesländer und jeweiligen Abschlussmöglichkeiten informieren. (Quelle: Jörg Boysen, Montessori Stiftung Berlin)

Etwas weniger bekannt, aber nicht minder interessant sind Freinet- oder Jenaplan-Schulen. Auch hier steht die Mitbestimmung der Schüler*innen an oberster Stelle. Gerade in Freinet-Schulen wird das Ideal der Entfaltung der kindlichen Persönlichkeit hochgehalten. Das Konzept legt großen Wert auf die Förderung von Sozialkompetenz, Eigenständigkeit und demokratischem Verhalten. Die Jenaplan-Schule hingegen konzentriert sich eher auf das Miteinander. Hier stehen Verantwortung, Zusammenarbeit und Selbstständigkeit im Vordergrund.

Online-Schule: Das Konzept der Zukunft?

Über die klassischen Präsenzschulen hinaus geraten in letzter Zeit auch immer häufiger Online-Schulen in den Fokus von Eltern, die sich eine flexiblere und ortsunabhängige Beschulung ihrer Kinder wünschen. Die Vorteile dieser Konzepte liegen auf der Hand. Schule von egal welchem Ort, lediglich abhängig von der Qualität des Internetzugangs, Unterricht auf dem neusten Stand der Technik, direkt vermittelte Medienkompetenz, maximale Flexibilität. Doch auch die Kritikpunkte häufen sich bei näherem Hinsehen. Wie sieht es mit der Vermittlung von Sozialkompetenz aus? Was ist mit Sport oder Kunstunterricht? Wie viel Einfluss hat der Staat auf die Lerninhalte? Wie viel Zeit sollten Kinder vor Bildschirmen verbringen? Die Idee ist gut, die Umsetzung sicher ausbaufähig.

Egal, für welches Schulsystem man sich entscheidet, ob Regelschule, freie Alternativen oder Online-Angebote, eins ist klar: Deutsche Schulen unterliegen einem hohen Revisionsbedarf, der nicht erst durch die Pandemie zum Vorschein kam. Es kann nicht sein, dass gute Bildung so sehr vom Elternhaus sowie den sozioökonomischen Bedingungen desselbigen abhängt. Chancengleichheit sieht sicher anders aus. Leider ändern auch freie Träger derzeit kaum etwas an diesem Problem, da auch hier die finanziellen Hürden noch immer zu hoch sind. Zwar gibt es bereits Quotenregelungen für sozial benachteiligte Kinder an freien Schulen, doch die Menge an Schüler*innen mit Barfußschuhen und Jack Wolfskin-Jacken überwiegt derzeit noch deutlich. Ein Zustand, welcher den hochgehaltenen Demokratiegedanken vieler freier Konzepte sicher angreifbar macht.

Eines ist also sicher: So wie es ist, kann es nicht bleiben. Denn ich würde meine potentiellen Kinder wirklich ungerne mit dem gleichen Overhead-Projektor Referate halten sehen, mit dem bereits ich mich durch die ein oder andere Bio-Stunde gequält habe.

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Bildquelle: Pixabay; CC0-Lizenz