Kraftklub, Deutsche Band, Rock, Indie

Sorry Kraftklub, aber ihr kommt eurem eigenen Hype nicht hinterher

Nach der Vorabsingle  „Dein Lied“, welche schon im März erschien, war die Vorfreude für das neue Album bei den Fans gar nicht mal so groß. Warum so ein epischer Orchesterklang und warum so viele Moll-Töne? Der Song ist mal wieder eine Liebeskummer-Verarbeitung vom Feinsten und der Huren-Refain ist irgendwie auch gar nicht mal so ironisch und cool, sondern eher unangebracht. Man wird das Gefühl nicht los, dass Kraftklub sich vermehrt von dem entfernen, was sie gut können: einprägsame, mitgröhlbare Festivalhymnen produzieren, mit zum Teil gewitzt-ironischen Texten und einer Prise Wehleidigkeit, aber vor allem mit der perfekten Mischung aus Rap, Indie und Punkrock.

https://youtu.be/h01ZDVRYlgk

Nach „Mit K“ und „In Schwarz“ war die Messlatte für Album #3 echt hoch, die Ossi-Jungs haben eine echte Bilderbuch-Erfolgsgeschichte hinter sich. Ausverkaufte Tourneen, mehrfach Gold und Platin, eigenes „Kosmonaut“ Festival. Gar nicht so leicht, diesem kometenhaften Erfolg inzwischen schon seit fünf Jahren gerecht zu werden. Der Name des neuen Albums ist als eine Anspielung auf den wenigen Schlaf der letzten Jahre zu verstehen. Aber vor allem als eine Referenz auf die bekannte Rockgruppe Ton Steine Scherben.

Das Hören der neue Platte tut nicht weh, aber die Hälfte der Songs bleiben einem nicht sonderlich im Gedächtnis. Nicht nur „Dein Lied“ klingt wie ein Selbsthilfe-Trip von Frontmann Felix Brummer. Bei einigen Songs verwischt die Grenze von künstlerischer Fiktion und Realität zu sehr und der arme Felix tut uns bei Songs wie „Fan von dir“ fast schon ein bisschen leid. Klar, keiner der Songs ist stilistisch oder musikalisch wirklich grottig. Vermutlich wird das Album auch durch die Decke gehen, einfach weil sich Kraftklub inzwischen so in der deutschen Musiklandschaft etabliert hat und ohnehin alles zu Gold macht. Und es gibt auch einige Lichtblicke am „Keine Nacht für Niemand“ Himmel.

 

Lichtblicke am „Keine Nacht für Niemand“ Himmel

 

Ein richtig gelungenes und sehr zeitgemäßes Brett ist „Fenster“. Es ist eine typische Kraftklub-Hymne an und für alle deutschen Wutbürger und Verschwörungstheoretiker. Man fühlt sich sehr gelungen in die idiotischen Kommentar-Spalten von Facebookbeiträgen mit all dem Pegida und AfD-Quatsch versetzt. Der Presse kann man nicht trauen, Regierung und Staat erst recht nicht und Chemtrails sind gefährlich. In dem Song bezieht Kraftklub inhaltlich politisch Stellung und das klappt ähnlich wie gut wie bei „Schüsse in die Luft“ aus 2014. Bela und Farin sind auch noch am Start, besser geht es also nicht.

 

Zeitgeistig-politisch

 

Ein klassischer, nicht sonderlich überraschender Kraftklub Song mit ordentlich Mitgröhl-Potential auch noch nach dem siebten Bier ist „Hausverbot“. Ein bisschen Funky wird es bei „Leben ruinieren“, und nach „Sklave“ möchte man sehr gerne seinen Bürojob kündigen und das kapitalistische Arbeits-Hamsterrad verlassen. Die „Lass mich dein Sklave sein“ Fanplakate in diesem Festivalsommer sind auf jeden Fall sicher.