„Ich habe Sympathien für Arbeitsverweigerer“ – Tobias Vogel aka kriegundfreitag im Interview
Ein weißes Blatt Papier und einen schwarzer Fineliner. Mehr braucht Cartoonist Tobias Vogel alias @kriegundfreitag nicht, damit sein kreativer Kopf sich ausleben kann. Doch dass das nicht das Ende der Fahnenstange zum Erfolg sein kann, lässt sich im einfachen Selbsttest überprüfen. Damit sich zig tausende Menschen für simple Strichmännchen begeistern, braucht es deutlich mehr. Eine schier unendliche Fantasie und vor allem auch Mut zu Ehrlichkeit und Offenheit. Im Gespräch mit ZEITjUNG erzählt Tobias Vogel von seiner Sympathie für Arbeitsverweigerer und ermutigt zu mehr Selbstlob.
ZEITjUNG: Wie würdest du als Strichmännchen aussehen?
Tobias Vogel: Ungefähr so, wie ich wirklich aussehe. Ich habe schon von mehreren Leuten gehört, dass ich meinen Figuren ähnlich sehe, das heißt relativ wenig Haare, relativ rundes Gesicht und sonderlich viel mehr Details würde ich mir nicht geben. Ich habe irgendwann einmal ein richtiges Selbstporträt von mir gezeichnet und gepostet, wo dann aber meine ganzen Unzulänglichkeiten zeichnerischer Natur offenkundiger wurden. Deswegen mache ich das auch mit Absicht sehr reduziert, weil ich es auch nicht deutlich besser kann.
Die Charaktere deiner Comics sind sehr offen mit ihren Unzulänglichkeiten. Wie wichtig ist es, dass wir mit unseren Schwächen offener umgehen?
Das kann ich schwer beurteilen. Wie die Menschen so ticken und wie viel die Menschen von sich preisgeben, rezipiere zumindest ich sehr stark über meine persönliche Filterbubble, die ich über meine Social-Media-Kanäle habe. Die Leute, denen ich persönlich im Internet folge, sind mit ihren Schwächen sehr, sehr offen. Aber ob das dem Durchschnitt entspricht, vermag ich nicht zu beurteilen. Was ich schon immer wieder mitkriege, dass diese typischen Instagram-Influencer mit ihren Schwächen nicht so offen sind und dass sie oftmals ein ziemlich geschöntes Bild von ihrem Leben liefern. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass sich da junge Menschen auch auf eine nicht so gute Weise inspirieren lassen. Im Großen und Ganzen kann ich auf jeden Fall nur dafür plädieren, offen mit den eigenen Schwächen zu sein. Aber auf der anderen Seite auch durchaus nicht davor zurückzuscheuen, auch einmal mit den eigenen Stärken hausieren zu gehen. Da hab ich manchmal das Gefühl, dass einige Leute ein bisschen zu streng zu sich sind. Man kann durchaus mal auf sich stolz sein und das auch offen so kommunizieren.
Würdest du sagen, dass du über deine Comics auch Kritik an einer Gesellschaft übst, in der ein hoher Leistungsdruck herrscht und man als Einzelner oft fast ein bisschen untergeht?
Ja, auf jeden Fall. Ich reagiere immer relativ allergisch auf so ein starkes Leistungsdenken. Also wenn Leute den Kapitalismus zu sehr verinnerlicht haben und meinen, um in diesem System bestehen zu können, dieses System von Grund auf bejahen zu müssen und dieses Thema Eigenverantwortung ein bisschen zu stark auf die Spitze treiben. Oder anders ausgedrückt: Ich bin durchaus jemand, der Sympathien für Arbeitsverweigerer hat und für Leute, die einfach sagen: Dieses Selbstoptimierungsding und diese kapitalistische Mühle mache ich nicht mit. Und das würde ich auch mit meinen Cartoons so unterstreichen und mich dafür stark machen, auch eine andere Sicht auf das Leben wiederzugeben.
Wenn du einen Wunsch frei hättest: Was würdest du mit deinen Comics oder deiner Arbeit bei den Menschen gerne erreichen?
Die Menschen sind ja so dermaßen unterschiedlich. Letztendlich erreiche ich ja schon viel von genau dem, was ich mir auch wünschen würde: Dass es Leute, die es benötigen, tröstet. Dass es Leuten den Tag erhellt. Dass es Leute dazu bringt, neu über gewisse Dinge nachzudenken. Und was vielleicht auch ganz wichtig ist: Dass es manchen Leuten Mut macht, selbst kreativ zu arbeiten. Einfach weil sie sehen, dass es auch funktioniert, ohne, dass man jetzt besonders virtuos zeichnen kann. Dass es auch in vielen Fällen einfach auf die Idee ankommt. Vielleicht ist das sogar das Wichtigste: Andere Leute dazu inspirieren, selbst ihrer kreativen Ader nachzugehen und sich zu trauen, auch anderen zu zeigen, was man macht.
In seinem ersten Buch „Schweres Geknitter“ gibt es jede Menge dieser ominösen „kreativen Ader“ zu sehen. Hier ein kleiner Vorgeschmack: