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Leicht und lieblich: Der Wein-Guide für späte Einsteiger

Wein ist aber nicht nur denen zu empfehlen, die als Intellektuelle jemanden beeindrucken wollen, sondern auch vor allem sehr vielfältig, sodass für so ziemlich jeden Geschmack etwas dabei sein dürfte. Doch den meisten Anfängern fällt der Einstieg ziemlich schwer. Wie soll ich zum Beispiel liebliche, halbtrockene und trockene Weine unterscheiden? Was zeichnet Rosé aus? Was unterscheidet Champagner von normalem Sekt? Wie wird Wein überhaupt hergestellt?
Zahlreiche Fragen, die die es nicht unbedingt leichter machen, unbedarft zuzugreifen und mal zu probieren. Man bekommt eher schnell das Gefühl, das Thema studiert haben zu müssen, um Spaß daran haben zu können. Doch das stimmt nicht. Stattdessen soll dieser Artikel einen kleinen Guide liefern, mit dem man sich im Dschungel der Weinwelt zurechtfinden kann. Das Ziel dabei: Einen leichten Einstieg in diese Welt zu ermöglichen, ohne dabei zu über- oder zu unterfordern. Dabei kann man natürlich nicht jede Einzelheit erläutern, aber die Informationen, die einen dann noch besonders interessieren, kann man sich ja anschließend selbst anlesen.

 

Warum sollte man Wein genießen?

 

Ganz offensichtlich gehört Wein zu den ältesten Kulturgetränken, ganz ähnlich wie das Bier. Wein- und Biertrinker werden ja sinnloserweise gern in zwei vermeintlich verfeindete Lager gesteckt, obwohl die beiden Getränke mehr gemeinsam haben, als es auf den ersten Blick scheint.
Anders als viele Leute glauben, ist die Weingeschichte keine europäische, genauso wenig wie die des Bieres. Denn in Ägypten trank man schon um 3.500 vor Christus gern beides und baute beides an. Die Babylonier, eine Hochkultur im Gebiet des heutigen Irak, waren ähnlich früh dran mit dem Weinbau. Auch aus chinesischen Gefilden ist eine antike Beschäftigung mit dem edlen Rebsaft bekannt.
Von Homer wissen wir, dass auch die Griechen schon ziemlich früh angefangen haben, sich an dem Getränk gütlich zu tun. Dort kannte man übrigens drei verschiedene Weinfarben, nämlich weißen, schwarzen und bernsteinfarbenen, der auch schon süß, halbtrocken oder trocken sein konnte. Insofern gab es schon eine Menge Vielfalt, allerdings tranken die Griechen ihren Wein in der Regel mit Wasser verdünnt. Unsere Art, Wein ganz normal und pur zu trinken, fanden sie hingegen barbarisch.

 

Die Römer als kulinarische Wegbereiter

 

Zum globalen Getränk und echten Exportschlager machte den Wein dann das Römische Reich. So kam es, dass dann um 50 vor Christus die Römer Wein auch in das heutige deutsche Gebiet brachten. Während sie zunächst im Moselgebiet Wein anbauten bzw. anbauen ließen, kamen die Trauben später auch in die Pfalz und nach Baden-Württemberg.
Was hat das aber damit zu tun, warum man Wein genießen soll? Ganz einfach: Wenn das Getränk es geschafft hat, sich über fünftausend Jahre der Menschheitsgeschichte zu halten und nach wie vor zu bestehen, muss doch was dran sein, oder?
Alleine in unserer Zeit entstehen und vergehen dauernd vermeintliche Kultgetränke. Wein wird seit tausenden Jahren geliebt, während beispielsweise Aperol immer weniger Abnehmer findet. Insofern ist Wein wohl eher das Kultgetränk. Diese müssen übrigens nicht bei einer kleinen, verschworenen Gemeinde dazu gemacht werden, sondern können, eben ganz wie Wein, durchaus zum „Mainstream“ gehören. Dass Wein indes so weltberühmt ist, heißt nicht, dass er nicht gewissen Trends unterworfen ist, wie wir noch sehen werden.

 

Weinwelt? – Weinuniversum!

 

Ein weiteres, gutes Argument für das Weintrinken ist die Tatsache, dass Wein ungeheuer vielfältig ist. Selbst innerhalb der verschiedenen Kategorien, die man gemeinhin für die verschiedenen Variationen des Getränks benutzt, gibt es zahlreiche Unterschiede.
Von pappsüß über fruchtig bis hin zu mineralisch gibt es ein ganzes Universum von sensorischen Abstufungen. Man muss allerdings kein Sommelier sein, um einige davon selbst zu schmecken und beschreiben zu können, nur die Bereitschaft, sich auf die geschmackliche Erfahrung einzulassen, ist eine Voraussetzung. Das erweitert den eigenen Horizont in Bezug auf das Schmecken und hat auch aufs Essen einen guten Einfluss.
Apropos Essen: Es gibt kaum einen Eindruck, der so bemerkenswert ist wie das Zusammenspiel von einem schönen Essen und einem guten Wein. Für das Herausfinden der optimalen Begleiter sollte man gerade als Neuling ein paar Regeln kennen und beherrschen, um echten Genuss an der Angelegenheit zu bekommen.
Mancher mag jetzt die Nase rümpfen und behaupten, das ginge ja nur in einem Spitzenrestaurant mit einer Weinkarte. Aber auch zu leicht zu kochenden Gerichten wie der guten alten Spaghetti Bolognese eignet sich Wein hervorragend. In diesem Fall ein guter Rotwein. Das Gute an der richtigen Kombination ist, dass geschmackliche Synergieeffekte zustande kommen und der Wein und das passende Gericht sich gegenseitig noch verstärken können.
Für Leute, die Lust am kulinarischen Entdecken haben, ist die Weinwelt also eine riesige Spielwiese, zumal sich der Begriff Kulturgetränk eben nicht auf historische Aspekte bezieht, sondern vielfältig begründbar ist.

Wie Wein gemacht wird

 

Doch Kulturgetränk hin oder her, wie entsteht Wein überhaupt? Die meisten Einsteiger haben davon überhaupt keine Vorstellung und wissen lediglich, dass der Herstellungsprozess irgendwie etwas mit vergorenen Trauben zu tun hat. Das ist tatsächlich auch ein Aspekt in der Herstellung, doch diese ist wesentlich komplexer, als man sich das gemeinhin so vorstellt.
Zuallererst braucht es natürlich angepflanzte Reben, damit die Trauben für den Wein überhaupt wachsen können. Weinbauern haben ein sehr anstrengendes Jahr, denn wer guten Wein ernten will, muss viel Zeit investieren, ohne, dass nachher auch ein ansprechendes Ergebnis herauskommt. Schließlich sind Frost und Co für die Winzer echte Katastrophen, ganz genau wie feuchte Witterung und Hitze im Wechsel, was schnell zur Fäule der Reben führt.
Doch auch ohne solche wahren wirtschaftlichen Katastrophen für Winzer brauchen die Reben ihre umfangreiche Aufmerksamkeit. Schon am Anfang eines neuen Jahres müssen die Winzer und ihre Helfer die Arbeit am Hang erledigen, Reben zurückzuschneiden. Allerdings werden die abgeschnittenen Teile nicht weggelassen, sondern meistens in den Boden gegeben, damit die Erde sich so natürlich anreichert.
Für diese scheinbar kleinere Arbeit sind meistens mehrere Wochen notwendig. Außerdem nutzt man die Zeit, um die Reben in Form zu biegen und zu binden, damit sie optimal mit Nährstoffen aus dem Boden versorgt werden. Zu diesem Zweck lockern Maschinen den Boden auf, Spritzmittel kommen zum Einsatz, um Schädlinge und Krankheiten fernzuhalten. Diese Tatsache hat schon viele Menschen irritiert, allerdings gibt es kaum andere Möglichkeiten, die Pflanzen in den Monokulturen zu schützen. Da das Thema in der Öffentlichkeit schon für einigen Wirbel gesorgt hat, gehen die Winzer mit den Pflanzenschutzmitteln aber so sparsam um wie irgend möglich.
Übrigens, was den Einsatz von Maschinen angeht: In vielen steilen Lagen ist dieser nach wie vor unmöglich, was eine Erklärung für die hohen Preise der in steilen Lagen wachsenden Weine ist.
Im Sommer haben die Arbeiter weiterhin keine Pause. Während schwächere Triebe abgetrennt werden, wird den stärkeren Platz gemacht, um den maximalen Ertrag zu generieren. Ein Problem ist, dass Laub an den Reben wächst, das in Form gebracht und womöglich sogar gestutzt werden muss. Dieser Schritt wird vor allem unternommen, damit die Trauben mehr Luft und Licht bekommen, Faktoren, die für ihre Reifung essentiell sind.

 

Die Ernte für all die Mühen

 

Die Traubenlese ist die wohl berühmteste Phase des Winzerjahres. Sie erfolgt in aller Regel im Herbst, muss aber je nachdem an Witterung und Reifezustand der Trauben angepasst sein. Denn das Wetter über das ganze Jahr beeinflusst natürlich stark, in welchem Stadium sich die Trauben befinden. Der Zuckergehalt, der sich in den Trauben findet, bestimmt übrigens den späteren Alkoholgehalt des Weines, gerade bei den strengen Weingesetzen in Deutschland ein wichtiger Faktor.
Ob der Wein per Hand oder per Maschine gelesen wird, hängt erstens von der Lage der Reben ab, aber auch von den Kosten, die der Winzer zu zahlen bereit ist, und von den Preisen, die er mit seinem Wein erzielen zu können glaubt.
Anschließend erfolgt das sogenannte Maischen, von dem die meisten Menschen das Zerstampfen der Trauben mit den Füßen kennen. Mittlerweile arbeiten allerdings längst nicht mehr alle Weingüter so. Es ist wesentlich zeitaufwändiger als das maschinelle Maischen. Danach müssen natürlich noch die Gärung und andere Schritte folgen. Erst erfolgt das Keltern, bei dem Traubenrückstände und Maische voneinander getrennt werden. Dann kommen die Zuckerzugabe und die Schwefelung, die allerdings optional ist und auf dem Etikett vermerkt werden muss. Die Gärung kann in Kürze kaum erklärt werden, aber es lohnt sich, sich über die chemischen Prozesse hierbei einmal genauer zu informieren.

 

Unterschiede zwischen Weinen

 

Natürlich gibt es zwischen den verschiedenen Weinen große Unterschiede. Hier nur einmal ein paar verschiedene Varianten: Weißwein, Rotwein, Rose, Sekt, Champagner, lieblich, halbtrocken, trocken und Brut. Diese Vielfalt hat zwei Effekte: Einerseits macht sie Lust auf mehr, andererseits vermag sie leicht zu überfordern, denn die Übersicht geht schnell verloren.

Dazu gibt es noch viele Trends, die die Winzer zu bedienen versuchen. Seit einigen Jahren gibt es deshalb etwa auch veganen Wein, da immer mehr Menschen sich für eine Ernährung ohne tierische Produkte entscheiden. Wieso veganen Wein, fragen sich jetzt sicher manche, was ist denn an tierischen Produkten in Wein enthalten?
Nun, tatsächlich muss man den Wein, der am Anfang noch trüb ist klären, wie es in der Fachsprache heißt. Das wird in der Regel mit tierischen Produkten gemacht, wie zum Beispiel Eiklar. Winzer, die vegane Weine herstellen, nutzen alternative Mittel zur Klärung, die keinen tierischen Ursprung haben. Da viele Rotweine ohnehin nicht mehr geklärt werden, müssen Veganer hier nicht unbedingt auf ein spezielles Etikett achten. Insgesamt kann ein Blick darauf jedoch aufschlussreich sein.

 

Farbe und Geschmack

 

Apropos Rot- und Weißwein: Neben den Herstellungsunterschieden, die schon beim Maischen beginnen und bei der Gärung weitergehen, ist es natürlich auch so, dass sich die Traubensorten in ihrer Farbe unterscheiden: Blaue und rote Trauben sorgen für den Rotwein, helle für den Weißwein. Dennoch kann auch aus roten Trauben Weißwein gewonnen werden. Einen Teil der Weinvielfalt macht übrigens aus, dass es so viele unterschiedliche Sorten in der jeweiligen Traubenwelt gibt, beim Weißwein beispielsweise welche mit so klangvollen Namen wie Bacchus oder Cortese, um die ganz bekannten wie etwa Chardonnay nicht zu nennen. Roséwein wiederum entstammt übrigens überwiegend den gleichen Trauben wie Rotwein, hier kursieren nach wie vor teilweise abenteuerliche Gerüchte über die Herstellungsprozesse.
Wie schon gesagt, können große Geschmacksunterschiede zwischen verschiedenen Weiß- und Rotweinen auftreten. Diese werden für gewöhnlich als lieblich, halbtrocken und trocken identifiziert. Für den Restzuckergehalt im Wein gibt es eine EU-Verordnung, an die sich auch die deutschen Winzer halten müssen.
Der Säuregehalt ist dabei übrigens auch vorgegeben. Trockener Wein hat hierbei traditionell den geringsten Restzuckergehalt. Was aber gerade für Anfänger nicht so klar ist: Auch ein trockener Wein kann für den Probierenden eine gewisse Süße haben. Wer nach einem guten, trockenen Bordeaux sucht, wird unter Umständen einen schönen Rotwein finden. Doch auch guter Weißwein lässt sich finden, der als trocken zählt, so zum Beispiel Chardonnay.
Halbtrockene Weine finden viele Kenner gerade deshalb spannend, weil sie zwischen einer gewissen harmonischen Süße und Säure oszillieren. Manche Einsteiger finden sie deshalb geschmacklich am Anfang deshalb etwas überkomplex. Zuletzt lassen sich natürlich die lieblichen Weine nennen: Viele unterschätzen gerade liebliche Rotweine aufgrund ihrer immensen Süße, was zu einem Kater am nächsten Morgen führen kann. Oftmals ist lieblicher Wein in seiner Qualität subjektiv schwerer einzuschätzen, da durch den Zucker einiges überdeckt wird. Aus diesem Grunde sollte man nach Möglichkeit, wenn man mehrere Sorten durchprobieren möchte, mit trockenen Weinen anfangen und sich dann zu den lieblichen durcharbeiten. Macht man es anders herum, könnte man womöglich nach den Süßen kaum noch Unterschiede schmecken, alles würde bitter oder sauer erscheinen.
Natürlich gibt es noch zahlreiche andere Varianten des Weines. Ähnlich gefragt wie vegane Weine sind zum Beispiel die spontan vergorenen, denen manche Kenner eine größere Natürlichkeit zuschreiben und sie deshalb unbedingt bevorzugen. Rosé haben wir schon mehrfach angesprochen, auch den sollte man mal austesten.

 

Sekt und Champagner

 

Für Leute, die es etwas spritziger mögen, sind natürlich Perl- und Schaumweine erste Wahl. Diese machen zwar ziemlich schnell betrunken, schmecken aber bei hoher Qualität auch ausgezeichnet. Doch zunächst wollen wir eine Frage klären, die immer wieder gestellt wird: Was ist das Besondere an Champagner? Nun, die Frage ist deshalb so interessant, weil die wenigsten wirklich etwas Konkretes mit Champagner assoziieren können.
Stattdessen kennen sie die sorgsam durch Marketing geprägten Bilder von dem teuren Champagner, der der absolute König aller Getränke ist. Dabei handelt es sich vor allem um eine aus Werbegründen geschützte Worthülse. Denn der Begriff Champagner ist geschützt und darf nur für Schaumweine aus einem 30.000 Hektar großen Anbaugebiet benutzt werden. Ein Komitee legt dann fest, wer sich dort jährlich so nennen darf und wer nicht und das ist schon der ganze Zauber.
Schaumweine, die auf dieselbe Weise hergestellt wurden, jedoch nicht aus der Champagne kommen, sind übrigens unter dem Namen Crémant auf dem Markt und hierbei meist viel günstiger zu haben.
Champagner an sich bedeutet also noch kein Qualitätsmerkmal. Immer wieder gibt es deutsche Winzersekte, die mindestens genauso gut wie das schmecken, was in der französischen Region produziert wird. Weiterhin besteht ein gewisser Unterschied zwischen Perl- und Schaumweinen.

Wein richtig kaufen und trinken

 

Für den Weinkauf gilt beim ersten Versuch: Ausprobieren! Es ist nicht nötig, gleich mit den hochpreisigen Weinen einzusteigen. Es spricht nichts dagegen, aus den hier gegebenen Beschreibungen mal ein paar Inspirationen zu ziehen und sich dann einfach auf die Suche zu machen. Jenseits der fünf Euro gelten die meisten Weine schon als zum Premium-Segment zugehörig. Das muss es natürlich nicht gleich sein.

 

Probieren geht über studieren

 

Aber wie wäre es zum Beispiel damit, einfach gemeinsam in den Supermarkt zu gehen und mit ein paar Freunden blind zu kaufen? Einfach blind ein paar trockene oder halbtrockene Weine sammeln und sie durchprobieren, schnell ergeben sich Traubensorten, die einem besonders gut schmecken und die man sich auf einem Zettel schnell notieren kann.
In einem nächsten Schritt kann man die geschmacklichen Synergien zwischen Essen und Wein ausprobieren und sehen, was an Pasta, Fisch, Fleisch und Salaten am besten zu welchem Wein passt.
Dabei muss man sich nicht auf die Aussagen irgendwelcher Weinsnobs verlassen, denn am Ende des Tages gibt es bei Wein genauso wie bei den allermeisten anderen kulinarischen Erfahrungen eine untrügliche Methode, um festzustellen, was für das Individuum guter Wein ist und was nicht: Entweder er schmeckt oder er schmeckt nicht.
Letztendlich sollte man sich nur danach richten. Was nützt einem der teuerste, angeblich beste, schmackhafteste und prämierteste Wein aus den ausgezeichnetsten Anbaugebieten, wenn er am Ende überhaupt nicht mundet und man ihn am liebsten wegschütten würde? Ganz genau: Gar nichts.
Mittlerweile setzen sich zum Thema Dekantieren übrigens neuere Ansichten durch. Während früher gerne, viel und beinahe zeremoniell dekantiert wurde, sind modernere Ansichten anders gelagert. Gerade junge Menschen mögen es auf WG-Parties vielleicht auch nicht, sich durch eine spontane Präsentation des Weines mit Kenner-Getue hervorzutun. Nach Expertenmeinung reicht es völlig, junge Weißweine zu dekantieren. Insbesondere bei Rotweinen sei dies nicht nötig. Also, wie schon gesagt: Selbst ausprobieren und nicht zu sehr vom schwierigen Thema und der Komplexität beeindrucken lassen.