Frau und Mann sitzen auf der Motorhaube eines Autos

LiebesLeben: Beziehungen im Kapitalismus – Was kostet mich deine Liebe?

Dem gegenüber steht das Argument, dass Geben und Nehmen ausgewogen sein sollte, wenn man die Ambition hat, eine gesunde Beziehung zu führen. Dass beide gleichviel investieren sollten, damit sich die Angelegenheit nicht in eine toxische Richtung entwickelt.

Dass man darauf achten sollte, dass man nicht jahrelang über den Tisch gezogen wird, ist natürlich klar. Eine Sache, derer man sich aber bewusst sein sollte, ist, dass es vielleicht Zeiten geben wird, in denen der*die Partner*in weniger gibt als man selbst, weil er*sie vielleicht gerade nicht die Kraft dazu hat. Es gibt gute und schlechte Phasen, und immer spätestens nach Ablauf des Zeitraums X eine Bilanz zu ziehen und dabei darauf versessen zu sein, dass man selbst mindestens genauso viel bekommen haben muss wie die andere Person, ist nicht sinnbringend.

Darüber hinaus sollte man sich dessen bewusst sein, dass Menschen ihre Liebe auf unterschiedliche Weise ausdrücken. Manche machen ihrem*ihrer Partner*in einmalige Geschenke, manche zeigen sich besonders romantisch, andere helfen ihrem*ihrer Partnerin wo sie können und wieder andere werden einfach nie müde, ihre*n Freund*in liebevoll zu massieren oder in den Schlaf zu streicheln.

Man verliebt sich doch überhaupt erst in Menschen, wenn man das Gefühl hat, dass sie einem – auf welche Art auch immer – viel geben. Ob es sich dabei um viel Aufregung, viel Sicherheit oder viel körperliche Zuwendung handelt, ist doch im Endeffekt egal, solange wir ein Auge dafür haben. Nur leider werden wir mit der Zeit oft blind dafür, was unser*e Partner*in für uns tut. Wir verlieren den Blick dafür und beginnen, ganz konkrete Erwartungen zu haben.

Das Gleiche gilt für die moderne Form des Kennenlernens. Wir swipen nach links und swipen nach rechts, auf der Suche nach dem idealen Produkt – ohne Ecken, ohne Kanten, bestens angepasst auf unsere Vorstellung von jemandem, mit dem eine Beziehung einfach reibungslos funktioniert. Und wenn sich durch den Verschleiß dann doch die eine oder andere Kante auftut, landet das einst vermeintlich ideale Produkt auf dem Müll – wie man das in einer Wegwerfgesellschaft eben so handhabt.

Nach etwas Besserem zu streben, wenn etwas Altes kaputt und irreparabel ist, ist richtig. Aber nach etwas Neuem zu suchen, weil das Altbekannte ein bisschen von seinem Glanz verloren hat, ist ein Indiz für eine etwas fragwürdige Einstellung zur Liebe – mit der man im Leben übrigens nicht besonders weit kommt.