LiebesLeben: Sind wir für andere Menschen verantwortlich?
Katja malt mit Sprache Bilder auf ihre Wortleinwand. In ihrer Kolumne nimmt sie euch mit in ihr Atelier: Als absoluter Gefühlsmensch schreibt sie über die Liebe und das Leben – ein bisschen philosophisch und ein bisschen psychologisch, mit einem Hauch von Melancholie.
„Ich bin immer für dich da!“ – Ein Satz, der ziemlich gut klingt und den viele von uns wahrscheinlich aus genau diesem Grund häufig aussprechen. In Beziehungen, aber auch in Freundschaften und gegenüber der Familie. Ganz offensichtlich meinen wir mit diesen Worten aber selten wirklich das, was sie eigentlich aussagen. Denn wenn es darum geht, tatsächlich da zu sein und Verantwortung zu übernehmen, ducken wir uns gern weg.
Wenn ich „wir“ schreibe, dann meine ich uns alle, zumindest hin und wieder. Mich selbst eingeschlossen. Ich habe immer wieder Angst davor, dass die Menschen, die ich liebe, mich als so eine Art Gutwetter-Freundin wahrnehmen: eine Person, die am Start ist, solange alles gut ist, aber sich verpisst, wenn es schwierig wird. Ich glaube nicht, dass diese Gedanken völlig unbegründet sind, denn auch ich mache ganz sicher nicht alles richtig. Auch ich bin nicht immer da. Allzu oft habe ich das Gefühl, nicht sonderlich belastbar zu sein und vor jeglicher Verantwortung weglaufen zu müssen, weil sie mir Angst macht – und manchmal gehe ich diesem Gefühl nach und schäme mich im Nachhinein dafür. Aber ich gebe mein Bestes – auch, weil ich die andere Seite kenne und weiß, wie weh es tut, im Stich gelassen zu werden.
Insbesondere bei Menschen, von denen man wirklich geglaubt hat, mit ihnen über alles reden zu können. Und zwar unaufgefordert. Menschen, bei denen man dachte, dass man ohne Nachfrage anfangen darf, von seinen Problemen zu sprechen. Menschen, von denen man angenommen hat, man könne bei ihnen einfach immer auf der Matte stehen. Menschen, bei denen es zwar – genau wie bei allen anderen – schwerfällt, die Worte „Ich brauche dich jetzt“ auszusprechen, bei denen man sich aber dennoch dazu durchringen kann, genau das zu tun. Weil man ihnen geglaubt hat, was sie all die Monate und Jahre gepredigt haben: dass sie immer für dich da sind.
Pustekuchen. Denn sobald es halbwegs schwierig wird, sind sie schneller über alle Berge, als man gucken kann. Okay, zugegeben: Meistens ist es nicht ganz so dramatisch. Meistens sind sie trotzdem irgendwie da, aber eben nicht so, wie man es sich von ihnen erhofft hätte. Ich habe vor kurzem mit einer wirklich guten Freundin darüber geredet, inwiefern man eine Mitverantwortung für die Menschen trägt, die man liebt. Sie meinte, dass sie es schon irgendwie legitim findet, wenn Menschen nicht in dem Ausmaß für mich da sind, in dem ich es von ihnen erwarte, weil sie ja schließlich nicht für mich verantwortlich sind.
Darum: Lasst uns über Verantwortung sprechen!