Kellnern ist der Job der jungen Menschen

Nebenjob als Kellner*in: „Es gab schlimme und noch schlimmere Tage“

10 Prozent Regel? Fehlanzeige

Gibt Deutschland zu wenig Trinkgeld? Die ungeschriebene Regel lautet: in Restaurants bekommen die Servicekräfte ein Trinkgeld von etwa 10 Prozent der Gesamtrechnung. In anderen Ländern ist Trinkgeld oft nicht üblich. In Frankreich gibt es zum Beispiel eine Servicepauschale von 15 Prozent, die mit auf der Rechnung steht. Ein Vorschlag, den auch in Deutschland viele Menschen gutheißen würde: gerechtere Löhne und dafür das Trinkgeld abschaffen.

„An die 10 Prozent Regel hat sich so gut wie niemand gehalten“, erzählt Leon. Trotz allem gibt es aber auch Erinnerungen, an die Leon gerne denkt. „Mit den Kolleginnen und Kollegen habe ich mich immer gut verstanden“, erzählt er. „Die haben mir oft den Rücken gestärkt, dass der Fehler nicht bei mir liegt.“ Es gab auch einen Gast, der Leon besonders im Kopf geblieben ist. „Der hat mich dann auch immer wieder erkannt. Es war schön zu sehen, dass es den Leuten bei uns gefallen hat und wenn sie sich dann auch freuen, dass es wieder der gleiche Kellner ist, hat mir das dann gezeigt, dass man anscheinend doch nicht so schlecht ist.“

Livia hat das Kellnern hingegen immer großen Spaß gemacht. „Das war ein toller Job. Probleme mit Angrapschen oder so hatte ich auch nie“, erzählt sie. Als Livias Auslandsemester begann, hat sie gekündigt. „Ich würde das aber schon echt gerne noch einmal machen“, sagt sie. „Vielleicht diesmal etwas mit einem bisschen anderen Klientel, um neue Erfahrungen zu sammeln.“

Auch Leon hat seit mehreren Monaten gekündigt. „Mich hat das wirklich im Schlaf verfolgt. Ich habe Alpträume bekommen, weil das eine permanente Dauerbelastung war.“ Es hat Leon sehr beschäftigt, dass er immer versucht hat, sein Bestes zu geben. Dass das aber trotzdem nie genug war. „Es hat sich aber auch finanziell für mich nicht gelohnt.“ Leon konnte mit seinem Lohn gerade mal die Fahrtkosten decken.

Die Teller erinnerten an ein Affengehege

Im Burger-Restaurant finden sich die Laster der Menschheit? Den Eindruck könnte man bekommen, wenn man sich Leons Geschichten anhört. Auf der Speisekarte standen Hektik und Unfreundlichkeit, auf den Tellern lagen Essensreste, die Leon teilweise an ein Affengehege erinnert hatten. „Manche Leute waren auch so gierig, dass sie so viel bestellt hatten und nichts davon gegessen haben. Wir mussten ganze Schüsseln Pommes einfach wegschmeißen.“

Im Herbst beginnt Leon zu studieren. Jetzt ist er auf der Suche nach einem neuen Nebenjob. Ob er noch einmal kellnern würde, weiß er nicht. „Mit einer besseren Bezahlung vielleicht. Alles in allem ist so ein Job trotzdem besser als viele andere“, findet er. Und wie man an Livia sieht: es gibt auch Arbeitsstellen in der Gastronomie, wo auf der Speisekarte etwas mehr Trinkgeld und gute Laune stehen.

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Bildquelle: RODNAE Productions von Pexels; CC0-Lizenz