Elena hat sich das Laufen wieder selbst beigebracht

Reportage: Elena, das Stehaufmännchen

Elenas Vater musste sie auf rutschigen Socken durchs Haus schieben

Im April 2017 wurde Elena aus dem Krankenhaus entlassen. Sie lag den ganzen Tag auf der großen Couch im Wohnzimmer. Manchmal lief nebenher der Fernseher. „Die Tage waren einfach nur leer“, erzählt Elena. „Ich habe nichts gemacht, konnte mich wegen der Schmerzen nicht einmal auf ein Buch konzentrieren.“ Ihre Eltern und die zwei kleinen Geschwister waren fast immer zuhause. „Mein Papa hat immer versucht, irgendwelche Scherze zu machen und uns zum Lachen zu bringen. Es gab aber auch Tage, da hat meine Mama nur geweint. Ich war permanent auf Hilfe angewiesen. Ich konnte nicht laufen, ich konnte nicht einmal alleine auf die Toilette gehen.“ Elena hat dann immer rutschige Socken getragen, damit ihr Vater sie durchs Haus schieben konnte.

Und ich dachte, ich würde da das Laufen wieder lernen“

Im Mai 2017 bekam Elena eine Schmerztherapie in Garmisch-Partenkirchen. „Ich glaube fest daran, dass den Patienten dort geholfen werden kann. Mir aber nicht. Eine Schmerztherapie war nicht das, was ich gebraucht habe.“ Eine normale Therapie in Garmisch dauert drei Wochen, Elena blieb acht. „Manchmal hatte man das Gefühl, man wäre in der Klapse“, erzählt Elena. Ihr Alltag blieb eintönig: Ergotherapie, Physiotherapie und psychologische Gespräche. „Letztlich haben die mir einfach nur gezeigt, wie ich mit einem Rollstuhl im Alltag klarkomme. Und ich dachte, ich würde da das Laufen wieder lernen.“

Nach fünf Wochen wurde Elena vorerst aus Garmisch entlassen. Sie war weiterhin auf jede Hilfe angewiesen, wollte aber für die letzten Wochen wieder in die Schule gehen. Bis zuletzt hoffte sie. Hoffte, die Klasse nicht wiederholen zu müssen. „Es war echt eine Überwindung mit dem Rollstuhl in die Schule zu gehen. Ich fand das so erniedrigend. Und es war mir zu viel Aufmerksamkeit.“ Ihre Freundinnen bekamen abwechselnd Zeit vom Unterricht frei, um Elena zu helfen. Zu zweit zwängten sie sich in die engen Kabinen des Schulklos. Ihre Freundin griff ihr unter die Schultern, half ihr sich hinzusetzen und wieder aufzurichten.

„Krücken hatte ich auch dabei“, erzählt sie. „War meine Idee“, fügt sie wütend hinzu. „Ich habe die in Garmisch gefragt, ob ich vielleicht damit laufen könnte. Darauf sind sie nicht gekommen.“ Die Krücken waren eine gute Stütze. Kurze Entfernungen konnte sie langsam mit ihnen zurücklegen. Elena hat ihr Bestes gegeben. Aber schnell war klar: Sie konnte nicht in ihrer Jahrgangsstufe bleiben. Sie hatte zu viel verpasst, um den Stoff aufholen zu können. „Ich habe Rotz und Wasser geheult. Das war mit das Schlimmste für mich.“