Graffiti im alten Rom: Erstaunlich vertraut
Pompeji ist den allermeisten Leuten aufgrund seines tragischen Untergangs im Jahre 79 n.u.Z. ein Begriff: Aber wusstest du auch, dass die Stadt eine hervorragende Quelle für uralte Graffiti darstellt?
Die bei Ausgrabungen entdeckten Texte erinnern dabei überraschend stark an das, was auch unsere öffentlichen Wände schmückt: Ob es lustige oder verruchte Kurzmitteilungen sind, wie sie in jeder Uni-Toilette zu finden sind oder ganz banale Sachen, Humor und Mitteilungsbedürfnis scheinen sich in den letzten 2000 Jahren kaum verändert zu haben.
Von Süß…
Das Graffiti deckt dabei die gesamte Bandbreite menschlichen Befindens ab. So haben Archäolog*innen etwa diese echte Freundschaftsbekundung freilegen können, die am Eingang zu einer Bar hinterlassen wurde:
„We two dear men, friends forever, were here. If you want to know our names, they are Gaius and Aulus.“
Übersetzt heißt das soviel wie: „Wir zwei werten Männer, für immer Freunde, waren hier. Wenn du unsere Namen wissen willst – sie sind Gaius und Aulus.“

Am Haus eines gewissen Caprasius Primus fand man zudem diese Liebeserklärung einer Frau an ihren Lebenspartner:
„I don’t want to sell my husband, not for all the gold in the world.“
Übersetzt heißt das: „Ich will meinen Ehemann nicht verkaufen, nicht für alles Gold der Welt.“
Ab und zu wird es sogar richtig poetisch, wie hier am Haus von Caecilius Iucundus. Da hätte sogar ein Goethe gestaunt:
„Whoever loves, let him flourish. Let him perish who knows not love. Let him perish twice over whoever forbids love.“
Übersetzt steht dort: „Wer liebt, den lasse blühen. Wer die Liebe nicht kennt, den lasse vergehen. Und doppelt soll vergehen, wer die Liebe verbietet.“
… bis anrüchig
Dann gibt es natürlich Kritzeleien wie diese hier, die anscheinend von einem Mann verfasst wurde, der ein für alle Mal genug von Frauen hatte. Entdeckt wurde die Nachricht an der Wand eines Bordells:
„Weep, you girls. My penis has given you up. Now it penetrates men’s behinds. Goodbye, wondrous femininity!“
Übersetzt heißt das: „Weint, ihr Mädchen. Mein Penis hat euch aufgegeben. Jetzt dringt er in Männerhintern ein. Leb wohl, wundersame Weiblichkeit!“

Woanders hatte der liebe Theophilus hingegen offenkundig zu viel Spaß. An einer Wand in der Straße, die allem Anschein nach als Tatort zu identifizieren ist, steht geschrieben:
„Theophilus, don’t perform oral sex on girls against the city wall like a dog.“
Übersetzt wird dem Theophilus (der Name bedeutet übrigens „Freund Gottes“) dort so viel gesagt wie: „Theophilus, lecke keine Mädchen an der Stadtmauer wie ein Hund.“ Scheint, da war wohl wer äußerst beliebt bei den Damen.
Bisher waren alle Graffiti – selbst die anstößigen – kleine literarische Kunstwerke. Aber es gab auch genug Platz für andere, weniger wortgewandte Anmerkungen:
„Secundus likes to screw boys“
Dort steht nämlich geschrieben: „Secundus f*ckt gerne Jungs“. Da fühlt man sich doch gleich wieder wie in der eigenen Nachbarschaft …
Auf Tuchfühlung mit der Vergangenheit
Diese Funde sind ungemein wichtig, zeigen sie uns doch ein Bild der Menschen, das nicht in unseren Geschichtsbüchern vermittelt wird. Geschichte wird oft von großen Männern und Frauen geschrieben. Was die einfachen Leute umhergetrieben hat, darüber wissen wir oft erstaunlich wenig.
Ganz egal wann und wo: Ob Höhlenmalereien, Fresken oder eben Graffiti, wir Menschen scheinen immer wieder den Drang zu verspüren, Wände zu beschmieren. Vielleicht hat sich im also doch gar nicht so viel verändert, wie wir gedacht haben.
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