Mogli

#FragenNachZahlen mit Mogli: „When was the last time you cried?“

Nach ihrer großen Reise mit einem umgebauten Schulbus von Alaska bis nach Mexiko hatte die Sängerin Mogli ihren großen Durchbruch. Im Interview verrät sie uns unter anderem, wie sie zur Musik gekommen ist und wie sie es geschafft hat, sich aus einer schwierigen Phase in ihrem Leben heraus zu kämpfen.

ZEITjUNG: Mogli – woher kommt der Name?

Mogli: Ich werde seit meiner Kindheit so genannt, meine Mama hat mir den Namen gegeben. Grund Nummer eins: Ich bin gerne in Unterhose rumgerannt und auf Bäume geklettert. Grund Nummer zwei: Als ich elf war, hab ich mir Dreadlocks gemacht – dann hat es sich so richtig eingebürgert und meinen normalen Namen ersetzt.

Wenn wir schon bei der Familie sind, du bist mit zwei Müttern aufgewachsen. Inwiefern hat dich das geprägt und was würdest du Gegnern gleichgeschlechtlicher Erziehung gerne sagen?

Geprägt hat es mich zum einen darin, dass ich immer unterstützt wurde, und dass meine beiden Vorbilder weiblich waren. Ich habe also gesehen, dass eine Frau alles machen und schaffen kann. Was ich Gegnern gerne mitgeben würde, ist eine ganz einfache Überlegung: Ich habe zwei Frauen um mich gehabt, und es gab keine, wirklich keinerlei geschlechterspezifische Rollenverteilung – geht ja nicht. Jede von den beiden hat einfach die Aufgaben übernommen, in denen sie besonders gut war. Das heißt, ich habe von beiden eigentlich nur das Beste mitbekommen.

Bist du denn schon als Kind zur Musik gekommen?
Ich hab schon immer Musik gemacht! Bevor ich gesprochen habe, habe ich Laute von mir gegeben und mitgesummt, wenn meine Mama Musik angemacht hat. Und ich habe seitdem nie wieder aufgehört, den ganzen Tag zu singen. Das ist mein Launen-Indikator, wenn ich mal ein oder zwei Tage nicht singe, dann heißt das meistens, dass ich krank werde, dass irgendwas nicht stimmt.

Und woher hast du diese sanfte, klare, hohe Stimme?
Ich glaube, da ich schon immer singe, ist es einfach natürlich. Das ist meine Form von Sprechen, es fällt mir wirklich oft leichter, zu singen als zu sprechen. Auf der Bühne zum Beispiel: Ich liebe es, auf der Bühne zu sein und dennoch: immer wenn ein Song vorbei ist, und ich etwas sagen muss, dann werde ich schüchtern.

Bist du denn generell noch aufgeregt und nervös, wenn du auf der Bühne stehst?

Nein, eigentlich nicht, ich freue mich immer darauf – ich bin eben nur schüchtern in den Ansagen.

Hast du irgendein Ritual vor deinen Konzerten?
Vor dem Konzert habe ich eigentlich keines, aber – das habe ich noch nie jemandem erzählt – beim ersten Song habe ich durchgehend die Augen geschlossen und gucke mir nicht an, wie der Raum aussieht. Es sind immer unterschiedlich viele Leute da, der Raum sieht immer anders aus und es ist immer unterschiedlich gruselig. Manchmal sind die Fans ganz nah und gucken dich an und manchmal sieht man gar niemanden. Ich singe den ersten Song blind, um einfach bei mir zu bleiben, in meiner eigenen Seifenblase. Ich singe den Song natürlich schon für die anderen, aber immer auch für mich. Danach traue ich mich die Augen zu öffnen, dann bin ich angekommen.

MogliWoher nimmst du die Inspiration für deine Texte?

Das ist immer unterschiedlich. Ich habe mein letztes Album auf meiner Reise von Alaska nach Mexiko geschrieben. Da habe ich mich inspirieren lassen von dem, was um mich herum war. Wie ich aber meistens und auch jetzt Musik mache, ist, dass ich ins Musikstudio gehe und mit der Musik anfange. Ich arbeite mit Produzenten zusammen und entweder sind wir schon in einer bestimmten Stimmung oder wir unterhalten uns erst einmal. Dann kristallisiert sich heraus, was mich gerade beschäftigt. Wir fangen völlig abstrakt mit einem Akkord an und mit diesem kommt die Stimmung. Dann ist fast alles Improvisation und ich komme von der Stimmung auf die Texte. Es ist nicht so, dass ich mir davor krass viele Gedanken mache. Letztendlich entsteht alles aus einem Guss.

Mogli x ZEITjUNG

Du bist momentan auf großer Tour, zum ersten Mal sogar in den USA und Kanada. Worauf freust du dich am meisten?

Am meisten Spaß macht es mir, die neuen Songs zu spielen, die noch niemand kennt, weil ich Songs spiele, die noch nicht mal fertig produziert sind. Es ist schön zu spüren, wie sie ankommen, und ob es den Leuten gefällt.

Und wie sind die neuen Songs bisher angekommen?

Voll gut, das macht echt Spaß. Ich gehe nach dem Konzert oft nochmal raus und spreche mit den Leuten. Meist kriege ich dann als Feedback, dass die Leute die neuen Songs sehr schön finden – das ist ein gutes Gefühl, weil man ja nicht weiß, ob die Leute mit einem mitgehen, wenn man sich verändert.

Apropos Veränderung: Inwiefern unterscheidet sich deine neue EP von den anderen? 

Sie ist viel elektronischer geworden, gleichzeitig intimer, weil ich sie in Berlin geschrieben habe und eben nicht auf Reisen und ich nicht versucht habe, mich von Sachen außen rum inspirieren zu lassen, sondern das raus zu lassen, was schon in mir drinnen war.

Findest du, dass deine Musik und die Texte ein Spiegel deiner eigenen Entwicklung sind?

Auf jeden Fall, da bin ich mir sicher. Die EP, die ich gerade rausgebracht habe, Patience, da würde ich auf jeden Fall sagen, dass das Thema Umbruch oder Veränderung ist, weil sich eben in meinem Leben extrem viel verändert hat.

Was hat sich denn verändert? 

Ich habe mit meinem damaligen Freund und zwei Hunden zusammen auf dem Land gelebt – in einem 200 Seelen Dorf im Schwarzwald, mich dann getrennt und bin nach Berlin gezogen. Ich war zum ersten Mal alleine und habe mich nur noch auf die Musik konzentriert. Ich hatte Zeit herauszufinden, was ich gut finde und worauf ich Bock hab. Ich habe mich voll in die Musik gestürzt und halt auch in Berlin. Und ich glaube, diese Veränderung hört man.

Du lebst seit einiger Zeit getrennt von deinem Exfreund Felix. Wie geht es dir seit der Trennung, da ihr ja sehr viel miteinander geteilt habt?

Das war die größte Veränderung, aber zwischen uns ist alles gut. Das Schlimme für mich war dieser Umbruch, von heute auf morgen. Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung und mir geht es auch sehr gut – ich habe nur ein bisschen gebraucht, um mich an mein neues Leben zu gewöhnen. Das meine ich auch mit Patience, dass man sich die Zeit nehmen soll, um anzukommen, wenn sich alles verändert. Anfangs habe ich mich noch gewundert, warum alles so viel ist gerade – im Nachhinein betrachtet, ist das aber irgendwie klar.

Dir war alles zu viel. Du hast vor kurzem in einem Interview sogar von Depression gesprochen. Wie hast du dich aus dieser schwierigen Phase herausgekämpft und was gibst du Betroffenen mit auf den Weg?

Ich spreche bei mir selber meistens nicht direkt von Depression, sondern von einer ganz schön schweren Zeit. Mir ging es nicht gut und auch das spiegelt sich in der EP wider. Was mir am meisten geholfen hat, ist, erstens mir selbst einzugestehen, dass es mir nicht gut geht und dass das auch völlig okay ist. Man muss nicht immer happy sein. Dann ist es wichtig, Hilfe zu suchen, sich zu öffnen und anderen Leuten zu sagen, dass man nicht mehr kann. Enorm wertvoll ist es auch, Geduld zu haben. Wenn es um den eigenen Kopf geht, dann braucht man einfach Zeit. Das heißt, ich würde den Menschen mitgeben, Geduld mit sich zu haben, nicht so hart mit sich selbst zu sein und sich anderen Leuten zu öffnen. Nur wenn man das macht, löst man in anderen Menschen Empathie aus, weil sie dich dann verstehen und mit dir mitfühlen und ich glaube, wir brauchen auf jeden Fall mehr Empathie in der Welt.

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Bildquelle: Isabel Hayn