Von wegen: Die Schule bereitet einen aufs Leben vor. Bild. Pexels

Wie uns die Schule nicht auf das Leben vorbereitet

Der Lehrplan ist zu einseitig

Jeder Lehrplan ist einseitig, ich weiß, aber heißt das auch, dass man ihn nicht verbessern darf? Schaut man sich die Inhalte an, die heute an den Schulen unterrichtet werden, kann man teilweise wirklich nur mit dem Kopf schütteln. Nehmen wir beispielhaft mal das Fach Geschichte. Keine Ahnung, wie es euch ergangen ist, aber ich habe in Geschichte sehr viel über den Ersten und den Zweiten Weltkrieg gelernt. Mir wurde einiges über Amerika erzählt und über den Kalten Krieg. Hier und da lernten wir einige wenige Dinge über Ägypten oder Griechenland, jedoch nichts über den afrikanischen Kontinent oder Australien. Ich musste in Erdkunde alle Flüsse Deutschlands auswendig lernen, erfuhr aber nichts über Aborigines? Wie kann das sein?

Gleiches gilt im Übrigen für Bio. Ich wusste nach meinem Abitur zwar, wie man biologisch Kinder bekommen könnte, hatte aber keine Ahnung davon, wie man ein erfülltes Sexualleben gestaltet. Ich wusste nicht, dass es Alternativen zur Pille gibt und dass HIV nicht die einzige Geschlechtskrankheit ist, vor der ich Angst haben sollte. Ich kann bis heute ein einwandfreies endoplasmatisches Retikulum aufmalen, wusste aber bis vor zwei Jahren nicht, dass die Klitoris viel mehr ist als dieser kleine rosa Punkt.

Der deutsche Lehrplan ist viel zu eurozentristisch und bringt den Schüler*innen zu wenig Fähigkeiten nahe, die sie tatsächlich praktisch gebrauchen könnten. Wie schreibt man Lebensläufe? Wie führt man Gehaltsverhandlungen? Wie koche ich ein gesundes Mittagessen? Wie gehe ich mit meinen Finanzen um? Wären das nicht Dinge, die für ein eigenverantwortliches Leben nützlich sein könnten?

Warum machen wir es nicht besser?

Eins ist klar, im internationalen Vergleich steht Deutschland immer noch um einiges besser da als viele andere Länder. Aber wir haben eben auch nicht das beste Schulsystem.

Lehrermangel, Schwierigkeiten in der Digitalisierung und Uneinigkeiten über die Ansprüche an die Lehrpläne machen es den Lehrkräften und auch dem System schwer, sich zu reformieren. Es scheint, als hätten wir uns mit dem Mittelmaß der Bildung arrangiert. Mein Mathematiklehrer brachte damals auf eine Nachfrage meinerseits den schönen Spruch: „Mathe zieht man sich aus dem Internet, die haben mehr Zeit für Erklärungen.“ Wenn diese Aussage das Problem nicht deutlich darstellt, dann weiß ich es auch nicht. Es mangelt an allen Ecken und Enden. An Zeit, Geld und Muße für einen Beruf, den viele der heutigen Lehrkräfte in ihrer eigenen Schulzeit bereits als entspannt und aufwandsarm erlebt haben. Einen Luxus, den wir uns eigentlich nicht leisten können. Denn wenn Plattformen wie TikTok, YouTube und Instagram mehr und effizienter bilden als die Schule selbst, dann haben wir ein Problem.

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Bildquelle: Yan Krukov von Pexels; CC0-Lizenz