Frau in Fetisch-Unterwäsche

Hart besorgt: Leben wir in einer prüden Zeit?

Prinz Pi singt: „In einer genormten Welt trifft man fast nur Gleiche an.“ Erfahrungsgemäß stimmt das. Nur noch selten begegnet man Menschen, die sich trauen, von der Norm abzuweichen und ein bisschen verrückt zu sein. Was ist aus Sex, Drugs & Rock’n’Roll geworden?

Zuallererst: Was bedeutet prüde eigentlich? Der Duden sagt: „in Bezug auf Sexuelles unfrei und sich peinlich davon berührt fühlend“. Als Synonym für prüde wird auch verklemmt aufgeführt, was wiederum bedeutet: „(in seinem Verhalten) verkrampft, unfrei, gehemmt, nicht ungezwungen und natürlich“. Und von diesen Worten habe ich das Gefühl, dass sie erschreckend gut auf die jungen Leute von heute – sprich: uns – zutreffen.

Man soll sich ja bekanntlich immer erst einmal an die eigene Nase fassen, und darum fange ich mit der Kritik auch bei uns – ZEITjUNG – an. Denn die Idee zu diesem Artikel ist mir ehrlich gesagt gekommen, als mir aufgefallen ist, dass viele unserer älteren Artikel deutlich brisanter sind als die, die wir heutzutage so veröffentlichen. Hier mal ein kleiner Einblick in vollkommen normale Titel unserer älteren Beiträge:

Früher hatten wir wohl mehr Mut, einfach mal rauszuhauen. Mehr Mut, unsere dummen Gedanken, berauschenden Erfahrungen, und vor allem unsere sexuellen Erlebnisse mit der Welt zu teilen. Und mit unseren Namen dazu zu stehen.

Einerseits: eine sexuell übersättigte Gesellschaft

Nun kann man natürlich nicht so einfach sagen, dass wir prüder geworden sind. Schließlich ist unsere Gesellschaft in vielerlei Hinsicht übersexualisiert. Fast komplett nackte Frauen mit Schlafzimmerblick in Posen, die ihre Körper sanduhrförmig wirken lassen, sind nicht nur auf OnlyFans, sondern auch auf Instagram Normalität. Zudem ist Sexualität für jede*n jederzeit auf frei zugänglichen Pornoseiten abrufbar. (Vor allem weibliche) Körper scheinen auf Abruf verfügbar zu sein.

Sex ist außerdem ein Dauerthema in der Werbung. Egal, ob es um Parfums, Rasierer oder etwaige andere Produkte geht: Giorgio Armani, Gilette Venus und eben etwaige andere Firmen sexualisieren uns wahrscheinlich jeden einzelnen Tag.

Es gibt Clubs wie das KitKat und tausende Abklatsch-Veranstaltungen der Fetisch-Partys, die dort stattfinden. Man bekommt den Eindruck, es gäbe keine Tabus.

Auch der gesellschaftliche Umgang mit weiblicher Selbstbefriedigung hat sich normalisiert. Junge Frauen plaudern munter über Satisfyer, die sie auf EIS.de bestellt haben, und das ist auch gut so.

Wie könnte es also überhaupt möglich sein, dass wir in einer prüden Zeit leben?