Flucht durch Mexiko

Storytime: Flucht durch Mexiko nach eskalativem Streit

Egal ob Bettgeschichten, Abenteuer im Auslandssemester oder feucht-fröhliche Jugendsünden: Wir teilen einfach alles mit euch. In diesem Format plaudern die ZEITjUNG-Autor*innen munter aus dem Nähkästchen und geben tiefe Einblicke in ihr Leben weit weg von der Laptop-Tastatur. Macht euch gefasst auf unsere lustigsten, peinlichsten und erotischsten Erlebnisse!

Am anderen Ende der Welt kann so einiges passieren – zum Beispiel, dass man Hals über Kopf aus seiner Unterkunft abhaut, weil die Emotionen hochgekocht sind, und man durch die Straßen und in die nächste Stadt flüchtet, weil man Angst hat, für das belangt zu werden, was man getan hat.

Was sich liest wie eine Schlagzeile aus einem Boulevardmagazin, ist mir vor einigen Tagen tatsächlich passiert. Ich reise momentan durch Mexiko. Diese Geschichte hat sich in der Stadt Campeche ereignet. Ich war abends mit einigen anderen Leuten etwas trinken, jedoch war keine der anderen Personen in meiner Unterkunft für die Nacht stationiert.

Ab nach Hause

Also bin ich allein zurück zu meiner Unterkunft gelaufen – es war etwa 1 Uhr nachts – und habe versucht, mit dem Schlüssel, der mir einige Stunden zuvor in die Hand gedrückt wurde, die Tür zu öffnen. Ich habe es bestimmt zehn oder fünfzehn Minuten probiert, aber es hat einfach nicht funktioniert. Toll – nachts allein in den Straßen Mexikos zu sitzen, war so ziemlich mein Albtraumszenario.

Nach einer Weile kamen ein paar Mexikaner*innen die Straße entlanggelaufen und haben versucht, mir zu helfen. Sie drehten den Schlüssel also ebenfalls etwa zehn Minuten erfolglos hin und her. Schließlich hat einer von ihnen die Polizei gerufen, die dann auch kurze Zeit später eintraf. Es kamen gleich mehrere Polizisten, die allesamt versucht haben, die Tür zu öffnen, aber es ebenfalls nicht hinbekommen haben.

Natürlich hatte ich der Eigentümerin meiner Unterkunft längst geschrieben und sie angerufen, aber sie ist weder rangegangen, noch hat sie geantwortet.

Die Polizisten und ich haben gegen die Tür gehämmert wie verrückt. Aber die Rezeption war offenbar nicht mehr besetzt und keiner der anderen Gäste scheint von unserem Klopfen aufgewacht zu sein.

Und jetzt?

Letztendlich habe ich also keine andere Möglichkeit gesehen, als mich in den umliegenden Straßen nach einer alternativen Unterkunft umzusehen. Die meisten waren entweder ausgebucht oder die Rezeption hatte bereits geschlossen. Aber schließlich habe ich dann ein Hotel gefunden, das noch freie Zimmer hatte und in dem ich – für Backpacker-Verhältnisse – ziemlich viel bezahlen musste. Jedoch bin ich davon ausgegangen, dass mir dieses Geld auf jeden Fall von meiner eigentlichen Unterkunft erstattet wird – schließlich war es nicht meine Schuld, dass ich nicht dort schlafen konnte.

Mit ähnlichen Worten bin ich also am nächsten Morgen in meine eigentliche Unterkunft zurückgekehrt. Ich habe mir von dem anderen Hotel eine Rechnung ausstellen lassen, sie der Eigentümerin meiner Unterkunft vorgelegt und ihr freundlich, aber bestimmt zu verstehen gegeben, dass ich erwarte, dass sie mir diese Kosten erstattet, da es ganz offensichtlich ein Problem mit dem Schlüssel oder dem Schloss gegeben hat oder die Tür von innen verriegelt gewesen sein muss. Schließlich hatte ich die Tür vorher schon diverse Male aufgeschlossen und alles hat bestens funktioniert. Und schließlich haben weder die in dieser Stadt wohnhaften Mexikan*innen noch die Polizei es hinbekommen, die Tür zu öffnen.

Wie bekomme ich mein Geld zurück?

Diese Frau (es kostet mich höchste Überwindung, nicht beleidigend zu werden) hat aber gesagt, dass sie es nicht einsieht, mir das Geld zu erstatten, und mir zu verstehen gegeben, dass es meine eigene Schuld sei, dass ich nicht reingekommen bin, weil ich zu dumm war, den Schlüssel richtig zu benutzen.

Das habe ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen. Und temperamentvoll wie ich bin, bin ich dann etwas lauter geworden, weil ich mich absolut ungerecht behandelt gefühlt habe. Als ich sie gefragt habe, was ich denn hätte machen sollen, wenn sie nicht antwortet und keiner öffnet, hat sie a) abgestritten, dass ich geklopft habe, b) darauf beharrt, dass sie ein Recht auf Schlaf hat (Bitte was? Ich habe auch nie was anderes behauptet!) und c) mir im Prinzip verklickert, dass ich auf der Straße hätte bleiben können, weil es dort sicher genug ist. Lol.

Bis es eskaliert

Wir haben uns beide so sehr echauffiert, dass wir uns letztendlich auf Spanisch angeschrien haben. Ich bin so wütend geworden, dass ich ihre kompletten Sachen schließlich mit einer Handbewegung vom Schreibtisch gefegt habe und wutentbrannt in mein Zimmer gegangen bin. Ich hätte Lust gehabt, irgendetwas in dieser Unterkunft kaputtzumachen, aber leider gab es so gut wie überall Überwachungskameras (dass ich das überprüft habe, lässt wohl auf ziemlich viel kriminelle Energie schließen) – außer im Bad der Frau.

Meine Emotionen sind also mit mir durchgegangen und ich habe beschlossen, zumindest das Bad zu verwüsten. Weil ich mich nicht mit Graffitis oder ähnlichem strafbar machen wollte, bin ich also in den nächsten Supermarkt gegangen und habe viele riesige Packungen winziger schwarzer Bohnen gekauft. Als ich zurück in der Unterkunft war, habe ich meine Sachen gepackt, bereitgestellt und dann die schwarzen Bohnen im Badezimmer und in der Dusche der Frau verstreut. So ordentlich dass sie den kompletten Boden bedeckt haben und es hoffentlich ordentlich Arbeit gemacht hat, diese Bohnen wieder aufzukehren.

Rache ist süß

Dann habe ich meine Sachen genommen und bin schnell aus der Unterkunft stolziert. Doch die Frau wartete vor dem Badezimmer und checkte sofort, was ich getan hatte. Sie lief mir also hinterher, und letztendlich bin ich mit meinem gesamten Gepäck durch die Straßen von Campeche gerannt und habe es tatsächlich geschafft, sie abzuhängen. Ich flüchtete mich in ein kleines Café, dessen Inhaber ich dann als Fluchtfahrer gewinnen konnte. Er hat mich also kurze Zeit später zum Busbahnhof gebracht und ich konnte in die nächste Stadt abhauen.

Ich gebe zu – meine Art und Weise, mit der Situation umzugehen, war vielleicht nicht die diplomatischste. Aber einerseits ist eine witzige Geschichte entstanden, und andererseits lasse ich nicht zu, dass so mit mir umgegangen wird. Und siehe da: Ein paar Stunden später habe ich eine Meldung von booking.com bekommen, dass mir zumindest das Geld, das ich für meine eigentliche Unterkunft ausgegeben hatte, zurückerstattet wurde. Und das ohne dass ich eine Beschwerde eingereicht habe. Anscheinend hat die Eigentümerin meiner Unterkunft durch meine Aktion also zumindest etwas Angst vor mir bekommen und wollte lieber nicht austesten, wozu ich noch so in der Lage bin.  

Also, merkt euch: Manchmal hat es auch etwas Gutes, wenn man seinen Mitmenschen deutlich macht, dass sie nicht mit einem umgehen können, wie es ihnen passt.

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Bildquelle: Taryn Elliott via Pexels, CC0-Lizenz