Vans auf einer Klippe am Meer. Bild: Unsplash

Warum Vanlife, Backpacken & Co. gar nicht so romantisch sind

Auf Instagram und Pinterest begegnet uns immer öfter eine neue Reiseästhetik. Ein Foto, aus dem Inneren eines Vans aufgenommen, man sieht meist eine junge Frau auf der Matratze liegen und aus der geöffneten Heckklappe eine beeindruckende Aussicht genießen. Berge, Meer oder ein See. Im Van hängt eine Lichterkette und ein Makramee. #Vanlife. Billig, einfach und wunderschön. Vanlife und Backpacken sind im Trend, teure Hotels und durchgestylte Bilder am Pool dagegen out. Doch was diese Vanlife-Ästhetik nicht zeigt, ist die unbequeme und gelegentlich nervenaufreibende Realität, die das gehypte Vanlife und auch das Backpacken so mit sich bringen.

Backpacken, Vanreisen und Wildcampen sind billige Formen des Reisens und vor allem bei jungen Menschen beliebt. Kein Wunder, man lebt in den Tag, hat alle Freiheiten und schränkt sich nicht ein durch irgendwelche Abfahrtszeiten oder Buchungen von Übernachtungen. Man fährt dorthin, wo es gefällt und schläft, wo man eben am Ende des Tages müde wird. Günstig, spontan und flexibel.

Doch wer noch nie auf diese Art gereist ist, der stellt sich das oft einfacher vor, als es in echt ist. So romantisch wie es auf Instagram immer wirkt, ist es nämlich nur selten. „Ich bin so neidisch auf dein Leben“, hört man als Reisende*r von Leuten, die nicht für Geld eine Nacht zelten würden. Deshalb wird es Zeit, die Realität des Reisetrends aufzudecken.

Wo und wie schlafen?

Wer einen ausgebauten Van hat oder ein anderes Auto, in dem man schlafen kann, steht jeden Abend erneut vor der Frage „Und wo übernachtet man jetzt?“. In den meisten europäischen Ländern ist Wildcampen illegal und man kann nicht einfach schlafen, wo man will. Wer also nicht jede Nacht einen Campingplatz zahlen möchte, muss sich genau überlegen, ob der gewählte Stellplatz auch diskret genug ist. Das Risiko, das die Polizei einen aus den schönsten Träumen vom Sonnenaufgang über dem Meer reißt, besteht allerdings immer. Das ist nichts für nervöse Overthinker*innen oder Regeleinhalter*innen.

Je nachdem, wo man unterwegs ist, ist es gar nicht so einfach einen Ort zu finden, an dem man den Van kostenlos abstellen kann (an beliebten Orten kostet das Parken), der Van ebenerdig steht (sonst wird das Schlafen schwierig) und es nicht zu laut ist. Wenn diese Punkte erfüllt sind, kann man sich Gedanken um eine schöne Aussicht machen, diese ist aber für eine angenehme Nacht sicher nicht erste Priorität. Tatsächlich kann es auch sein, dass man einen solch perfekten Platz gefunden hat, diesen dann aber mit vier anderen Vans teilen muss. Eben weil das Vanlife so ein Trend ist, ist man selten ganz allein. Das muss kein Nachteil sein, es ist anregend, sich mit anderen Reisenden über Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig Tipps zu geben. Aber die Vorstellung, dass man allein umherreist und die schönsten Plätze für sich hat, sollte man auf jeden Fall zuhause lassen.

Alternative zum Zelt: Einfach mal in der Hängematte schlafen. Bild: Clarisse Meyer on Unsplash

Im Van kann man das Übernachten oft noch nach Parken aussehen lassen und sich so ein wenig durchmogeln. Für Leute, die mit dem Zelt unterwegs sind, ist das schwieriger. Das Zelt ist ein ziemlich offensichtliches Bekenntnis zum Campen, was mit ziemlich hohen Strafen sanktioniert werden kann. Einfach direkt am Strand zu schlafen oder in Hängematten zwischen Bäumen, löst dieses Problem. Aber nur bei gutem Wetter. Regen oder gar Gewitter ist in vielerlei Hinsicht eine ganz neue Herausforderung für alle Reisenden. Nicht nur, dass man im Zelt vor Gewitter nicht geschützt ist, es ist auch super nervig ein nasses Zelt einzupacken (es darf ja tagsüber nicht gesehen werden) und am Abend ein immer noch nasses Zelt wieder aufzubauen. Wenn es ein paar Tage hintereinander regnet, ist alles nass und kalt und klamm. Da bleibt oft nur, sich tagsüber in ein Café zu flüchten oder vielleicht doch für die Nacht in einem Hostel oder AirBnB zu zahlen.

Wer nun aber denkt, nach zwei Wochen campen im Zelt und auf dem Waldboden sei das Hostel ein Luxus und eine Erholung, der liegt falsch. Natürlich gibt es einige wunderbare Hostels, die sauber sind und klasse ausgestattet, die sind nur wirklich teuer. Der Vanlifer und die Backpackerin möchten natürlich in ihrem Budget bleiben und wählen das günstigste, das sie online finden. Dort sind die Matratzen allerdings durchgelegen und selbst die Luftmatratze im Zelt ist bequemer. Im 6er-Schlafsaal schnarcht außerdem ein anderer Gast ohrenbetäubend laut und raubt einem den Schlaf. Und auch die richtige Dusche, auf die man sich am allermeisten gefreut hatte, enttäuscht mit einem schwachen Nieseln aus dem Duschkopf. Selbst die Dusche am Surfstrand hatte mehr Power. Wer braucht da schon Shampoo?