Von Wegen Lisbeth schauen von oben in die Kamera. © Nils Lucas

Von Wegen Lisbeth: Musik in der Pandemie und Podcasts

ZEITjUNG: Für den Sommer habt ihr eine ganze Picknick-Konzerte-Tour angekündigt. Nach Online-Konzerten und One-person-gigs, wie groß ist da die Vorfreude?

Julian Hölting: Mega groß! Nachdem wir letztes Jahr relativ skeptisch waren, erstmal gucken wollten, was so möglich ist und eh in der Schreibphase waren, haben wir dafür dieses Jahr beschlossen, alles zu spielen, was wir angeboten bekommen. Einfach, weil man das schon krass vermisst und das Livespielen der größte Teile des Berufs ist und der, warum wir ihn so gerne machen. Wahrscheinlich werden die Konzerte uns so an alte Zeiten erinnern, wo wir teilweise vor viel zu wenig Leuten und halb leeren Räumen gespielt haben als Vorband. Ich glaub, dass wird auf jeden Fall wesentlich mehr Arbeit da Stimmung zu erzeugen als jetzt bei so einem normalen Konzert. 

Andererseits haben die Leute wahrscheinlich auch einfach Bock! Wir bedauern auf jeden Fall sehr, dass es so teuer geworden ist. Leider kostet ein Ticket ca. 50€, wir haben mit Landstreicher zusammen ewig versucht, es irgendwie günstiger zu machen. Aber die Hygienevorschriften sind so hoch und deshalb müssen Flächen gemietet werden, die eigentlich für 10-mal so viele Leute geeignet sind. Jetzt ist der Ticketpreis so das Minimum von dem was man nehmen könnte. Dafür bringt jeder einfach seinen eigenen Suff mit. Also vielleicht als kleines Trostpflaster, dass man da kein teures Bier vor Ort kaufen muss, sondern einfach mitbringen kann, was man will. 

ZEITjUNG: Dass jetzt im Sommer Konzerte auf diese Art stattfinden können, stimmt vielleicht erstmal positiv. Wie schätzt du die Zukunft in der Musikbranche momentan ein?

Julian Hölting: Die Perspektive ist immer noch relativ schlecht. Ich glaube, der Zustand, dass man normal im Winter in Clubs gehen kann oder drinnen Konzerte mit 100 oder 1000 Leuten spielen kann, die ist noch relativ weit entfernt. Ich bin jetzt auch kein Experte, aber so wird einem das auf jeden Fall oft vermittelt. Natürlich hat die Musikbranche angefangen, Zwischenlösungen zu suchen. Ich muss aber sagen, wir waren alle in der deutschen Pop-Landschaft schockiert, wie auch von politischer Seite mit Kultur umgegangen wurde und was als solche eingestuft wird und was eben nicht. Durch Aktionen wie „Alarmstufe rot“ wird zwar immer wieder versucht, Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken, aber die ist noch lange nicht da, wo man es sich wünschen würde. Dann findet eben schon vor einem halben Jahr ein fast voll besetztes Philharmonie-Konzert in Berlin mit Masken statt, weil irgendjemand entschieden hat, dass das relevante Kultur sei, aber kleine Clubs, wie hier in Berlin das Badehaus, die müssen einfach gucken, dass es sie noch gibt im nächsten Jahr. Fanden wir auf jeden Fall extrem schade, wie damit umgegangen wurde! Sehr viele Clubs haben es wahrscheinlich nicht geschafft und das sind die Orte, wo der Anfang von vielen Bands war, das ist sehr fatal. Besonders für Nachwuchsbands, denen diese Clubs fehlen werden, um Schritt für Schritt wachsen zu können.

Es gibt da eine gute Initiative von Felix, dem Schlagzeuger der Leoniden, der ganz viele Bands zusammen in seinem offenen Brief an Politiker zusammengebracht hat und so ein Netzwerk aufgebaut hat. Das kann man auf jeden Fall unterstützen, indem man sich erstens über solche Kampagnen informiert und zweitens auf jeden Fall alleine schon, wenn man den kleinen Lieblingsklub mal mit der einen oder anderen Spende oder was auch immer unterstützt.

ZEITjUNG: Ihr werdet in der nächsten Zeit weitere Songs veröffentlichen, ein Album ist aber noch nicht angekündigt, ist da schon was in der Planung?

Julian Hölting: Ach, wir haben uns erst mal so ein bisschen von diesem Album-Ding losgelöst. Ich glaube, da wird irgendwann noch ein Album kommen, aber es ist jetzt nicht so, dass wir das krass im Fokus haben. Beim letzten Album haben wir oft gemerkt, dass da viele Songs, die nicht auf irgendwelchen Spotify-Playlisten gelandet sind, ein wenig hinten runtergefallen sind. Da finden wir es einfach spannender, nacheinander Song für Song rauszuhauen. Vor allem müssen wir so nicht immer ewig warten bis man gebündelt etwas veröffentlicht, sondern einfach einen Song fertigmachen und dann schnell rausbringen. Oft hört man sich nämlich ein halbes Jahr später eine Sache an und ist dann nicht mehr so ganz dabei oder findet es dann doch irgendwie komisch.  Das wollten wir jetzt einfach mal anders ausprobieren.

ZEITjUNG: Danke dir für das Gespräch, Julian!

Mehr Musikthemen:

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: © Nils Lucas