Was ich in einer Female Only-Agentur gelernt habe

Ein Beitrag von Elena Berchermeier

Female Empowerment ist cool. Modern, ein viel genutzter Hashtag und vor allem wichtig. Trotzdem geraten bei der Umsetzung viele von uns an ihre Grenzen. So auch ich: Mein erster Gedanke an eine „Female Only Agentur“ (in der nur Frauen arbeiten) war: Stutenbissigkeit. Einfach, weil ich es bislang selbst gewohnt war, mehr in Konkurrenz als in Miteinander zu denken. Viel zu lange war ich eine von diesen Frauen, die stets gewinnen wollten – ich wollte einfach mein Ding durchziehen.

Vor zwei Monaten war endgültig Schluss damit: Ich fing in einer Freelancer-Agentur an, in der die gesamte Community nur aus Frauen besteht. Deshalb hinterfragte ich meine Denkweise. Und merkte schon am ersten Tag, dass ich hier keine Einzelkämpferin bleiben würde – geschweige denn mit dieser Einstellung einen Job bekommen würde. Also ließ ich mich auf die Dynamik ein, lernte viele tolle Frauen kennen und schaltete mein altes Konkurrenz-Hirn aus – um fortan nur noch im Sinne der Gruppe zu denken. Da ich mich im positivsten aller Sinne gebrainwashed fühle, möchte ich meine Erfahrungen mit euch teilen.

Das Verständnis für Probleme

Wir kommunizieren, was uns auf dem Herzen liegt und uns bei unserer Arbeit beeinflusst. Krämpfe wegen der Periode, Herzschmerz in der Beziehung oder ein ganz anderes Problem, sei es privater oder familiärer Natur. Wir sprechen darüber, wie es uns geht, wieso wir vielleicht an dem einen Tag mal schweigsamer sind oder ein Treffen verschieben müssen. Davon profitieren wir alle, denn nur so können wir uns emotional genau da supporten, wo wir es am meisten brauchen. Durch vermeintliche Verletzlichkeit stoßen wir also auf enormes Verständnis.

Komplett neue Blickwinkel

Wir sind in patriarchalen Strukturen aufgewachsen. Selbst als Frauen haben wir also bestimmte Perspektiven verinnerlicht, die sexistisch sein können. Wir sind Sex Sells-Werbung gewohnt – und dass Frauen sexualisiert werden, indem sie für Produkte werben, die rein gar nichts mit nackter Haut oder Sex zu tun haben. Deshalb fragen wir uns, was wir für gegeben halten und ändern können. Zwar habe ich vieles vorher bereits gewusst, aber trotzdem noch mehr dazu gelernt. Denn vieles in unserem Alltag zeigt tatsächlich den männlichen Blick auf Dinge. Deshalb heißt es von nun an: Welche Blickwinkel sind gleichberechtigt?

Mein Kleidungsstil hat sich verändert

Obwohl sich mein Kleidungsstil sowieso ständig ändert und ich mich ungern festlege, hat sich die Wahl dessen, was ich anziehe, für mich sehr deutlich verändert. Ich trage das, worin ich mich wohlfühle und was bequem ist. Obwohl ich bequem lange Zeit mit nicht-modisch in Verbindung brachte, gehört es für mich jetzt zur morgendlichen Routine, eine Mischung aus guter Laune, Selbstbewusstsein und auch Bequemlichkeit in meiner Kleiderwahl zu vereinen.

Komplimente machen

Wir freuen uns, wenn wir uns sehen und natürlich bin ich immer gespannt, was die anderen anziehen. So viele Frauen, so viele Stile. Und wann immer mir etwas gefällt, sage ich es. Schöner Rock, toller Lipliner und die neue Frisur steht dir hervorragend. Ich verteile gerne Komplimente, die ich wirklich jedes Mal ernst meine – und freue mich natürlich auch, wenn ich welche bekomme. Es ist reine Übungssache, jeden Tag etwas Nettes zu jemandem zu sagen.

Mein Fazit nach zwei Monaten: Anfangs bin ich zwar manchmal noch in alte Denkmuster verfallen – aber im Grunde fiel es mir erstaunlich leicht, Female Empowerment innerhalb der Community zu leben. Und das war nur der erste Schritt. Denn wir sollten uns in jeder Situation gegenseitig unterstützen und fragen, wie wir mehr zusammenhalten können.

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Bildquelle: Unsplash; CCO-Lizenz