Fremdgehen: Vielleicht war es keine große Sache, doch das gesellschaftliche Stigma sagt etwas anderes. Bild: Pexels

LiebesLeben: Fremdgehen – das universale Tabu?

Katja malt mit Sprache Bilder auf ihre Wortleinwand. In ihrer Kolumne nimmt sie euch mit in ihr Atelier: Als absoluter Gefühlsmensch schreibt sie über die Liebe und das Leben – ein bisschen philosophisch und ein bisschen psychologisch, mit einem Hauch von Melancholie.

Alle miteinander stecken wir mitten im November und alles ist trist und grau. Aber da gibt es einen kleinen Lichtblick am Horizont, einen winzigen Sonnenstrahl, der sich seinen Weg durch die endlosen Wolkenschichten bahnt: Die neue Staffel Temptation Island V.I.P. hat begonnen und kann uns hoffentlich von unseren eigenen Problemen ablenken.

Und ja, zugegeben, tatsächlich hat Temptation Island mich diese Woche zum Thema der Kolumne inspiriert. Da soll nochmal einer sagen, Trash-TV sei sinnlos. Kurzer Exkurs an der Stelle: Meiner Meinung nach haben alle, die Trash-TV nicht lieben, absolut die Kontrolle über ihr Leben verloren. In keinem anderen audiovisuellen „Genre“ erlebt man extreme Emotionen in derart roher Form, und nirgendwo sonst kann man Menschen und ihre Verhaltensmuster so gut analysieren. Okay, jetzt aber Schluss mit Psychoanalyse und Psychospielchen.

Für alle, die Temptation Island nicht kennen: Vier Hetero-Pärchen werden zwei Wochen lang voneinander getrennt. Die vier vergebenen Männer werden in eine Villa mit 12 Single-Frauen gesteckt, die sie verführen und zum Fremdgehen animieren sollen. Für die Frauen gilt das Gleiche, bloß eben mit 12 Single-Männern. Gelegentlich sehen die vergebenen Frauen dann Videos aus der Männer-Villa und die vergebenen Männer bekommen Einblicke in die Frauen-Villa. Aus Produktionssicht ist das Ziel des Formats, dass die Paare sich durch ihre Videos gegenseitig hochschaukeln und einander schließlich beide fremdgehen, weil ihnen nicht gefällt, was der jeweils andere so treibt. Lange Rede, kurzer Sinn: Das Format dreht sich ums Fremdgehen.

Videos zu sehen, in denen der*die Partner*in eine*n andere*n küsst oder an kritischen Körperstellen berührt, ist natürlich next level, gar keine Frage. Aber ganz unabhängig von Temptation Island frage ich mich: Ist Fremdgehen wirklich so schlimm, wie es immer dargestellt wird?

Vorab: Mir ist (soweit ich weiß) noch nie jemand in dem Sinne fremdgegangen, und ich will auf keinen Fall das kleinreden, was Menschen empfinden, wenn ihr*e Partner*in ihnen fremdgeht. Ich glaube, dass es mich auch sehr aus der Bahn geworfen und ich die ganze Beziehung in Frage gestellt hätte, wenn mein Ex-Freund mal etwas mit einer anderen gehabt hätte. Aber hat es wirklich immer etwas mit der eigenen Beziehung zu tun, wenn man dem*der Partner*in fremdgeht?