Eine Frau guckt in die Kamera und schreit.

„Ich will mehr!“ – Warum wir nie zufrieden sind

Wenn ich Single bin, will ich lieber in einer Beziehung sein. Wenn ich glatte Haare habe, finde ich Locken schöner. Die kürzlich neu gekauften Klamotten im Kleiderschrank geraten in Vergessenheit, wenn ich eine neue Jacke im Schaufenster sehe und sowieso ist das, was ich nicht haben kann, immer reizvoller und interessanter als das, was ich ohnehin schon habe. Aber woher kommt dieses Gefühl, nie vollends zufrieden zu sein?

Sich nach etwas zu sehnen, was man nicht hat, kennt wohl jede*r. Oder? Laut der Psychologin Judith Mangelsdorf kann man das gar nicht so universell sagen. Das machen nämlich nur Menschen, die eine niedrige Lebenszufriedenheit haben. Also hat man einfach Glück, wenn man mit mehr Zufriedenheit gesegnet ist als andere? Gegenüber der WELT erklärte die Psychologin, dass das Phänomen viel mit dem jeweiligen Fokus, den die Person setzt, zutun hat. Wie fast alle Phänomene lässt sich auch das wieder evolutionsbiologisch erklären. Judith Mangelsdorf führt dazu ein anschauliches Beispiel an: Wenn man auf einer Wiese steht und plötzlich ein wildes Tier, wie beispielsweise ein Tiger auf der Wiese herumspaziert, dann fokussieren wir uns natürlich auf den Tiger anstatt auf die wunderschönen Blumen, die sich ebenfalls auf der Wiese befinden. Das liegt vorrangig daran, dass sich unsere Überlebensinstinkte natürlich auf die Bedrohung fokussieren und nicht auf die Schönheit der Blumen. Im Umkehrschluss soll das bedeuten, dass es Menschen gibt, die sich eher auf die negativen beziehungsweise die nicht funktionierenden Dinge in ihrem Leben konzentrieren. Diese Verhaltensweise nennt sich auch Negativitätsbias und beschreibt das sozialpsychologische Phänomen, bei welchem sich negative Gedanken, Erinnerungen und Gefühle stärker in das Gedächtnis einbrennen als positive oder neutrale Ereignisse. Die Negativität überwiegt selbst dann, wenn Gefühle mit derselben Intensität auftreten.