Landkarte

Was ist eigentlich Zuhause? Zwischen Belgien und Deutschland

„Krass, dann wohnst du gar nicht in Deutschland?“, „Kannst du dann auch belgisch?“

Ich bin in Belgien aufgewachsen und diese Fragen wurden mir im Laufe meines 20 Jahre langen Lebens nicht nur einmal gestellt. Für die meisten Menschen ist Belgien nur das Stück Land durch das man fährt, wenn man nach Frankreich will und wie Donald Trump sagen würde, einfach eine schöne Stadt.

Aber nicht nur Donald Trump hat richtig Ahnung von dem kleinen Land der Fritten. Selbst viele Deutsche wissen zum Beispiel nicht, dass es belgisch überhaupt nicht gibt. Es gibt keine einheitliche Sprache, sondern gleich drei unterschiedliche Amtssprachen.

Das kleine Land ist bekannt für seine Fritten, sein Bier und die Dorfkinder, die schon mit 14 ein solides Trinkverhalten an den Tag legen. Neben Tomorrowland hat Belgien auch sonst eine wilde Technoszene und im Sommer finden reihenweise Kirmespartys statt. Die Menschen sind oftmals einfach ein bisschen entspannter als die Deutschen und jeder macht in seinem kleinen Einflussgebiet sein eigenes Ding. Vieles funktioniert, weil einer einen kennt der einen kennt und andere Sachen „sind einfach so“. Dort ist es zwar wunderschön, aber meistens ziemlich random, wie die Kids von heute sagen würden.

In Belgien ist es ein bisschen so, wie in südlichen Ländern. Meistens befindet man sich ziemlich am Arsch der Welt und wenn man dann doch mal in eine Stadt kommt, ist der Verkehr das komplette Chaos.

Jetzt kommt der uncoole Teil.

Ich bin in Belgien aufgewachsen, bin aber Deutsche und habe bis zu meinem 20 Lebensjahr noch nie in Deutschland gelebt. Da ich aber im deutschsprachigen Teil Belgiens gewohnt habe und in Deutschland in der Schule war, bin ich leider nicht so multikulti, wie viele immer meinen. Ich kann kein Flämisch und war in Französisch in der Schule von Anfang bis zur Abwahl grottenschlecht. Im Nachhinein wäre es natürlich sehr viel beeindruckender in einem anderen Land zu wohnen und auch eine andere Sprache zu können und es ärgert mich auch ein bisschen. Aber was will man machen.

Und wenn man ehrlich ist, braucht man es auch einfach nicht so wirklich. Zumindest da wo ich herkomme besteht die Barriere zwischen Deutschland und Belgien nur aus einer langen Straße und dem Streit, ob man Fritten oder Pommes sagt. Die Belgier sind stolz und lieben ihr Land uneingeschränkt, was sie den Deutschen, die in Belgien leben auch gerne mitteilen. Durch die EU und den Fakt, dass man eben einfach dieselbe Sprache spricht wechseln sehr viele Menschen jeden Tag zwischen Deutschland und Belgien ohne groß darüber nachzudenken, wie krass das eigentlich ist. Ich mein, man wechselt einfach so zwischen zwei Ländern ohne jedes Mal seine Fingerabdrücke anzugeben oder eine andere Währung einwechseln zu müssen. Finde ich persönlich ziemlich komisch, wenn man drüber nachdenkt.

Die meisten meiner Schulfreunde leben in Deutschland, weshalb sich ein sehr großer Teil meines Lebens dort abgespielt hat und trotzdem habe ich jahrelang in Belgien getanzt und so auch hier mein eigenes kleines Belgienleben mit Freunden und vielen schönen Erlebnissen. Für mich hatte das Aufwachsen in Belgien, bis auf die schlechte Busverbindung und die im Ausland nicht funktionierenden Trash-TV-Mediatheken, viele Vorteile. Den wirklich sehr günstigen Führerschein, um nur einen zu nennen.

Und obwohl ich die Frage, woher ich denn komme, meistens irgendwie nicht so richtig beantworten kann, weil ich in Deutschland die aus dem Kaff in Belgien und in Belgien die Deutsche bin, ist es doch eigentlich ziemlich cool zwei Länder als Heimat bezeichnen zu können.

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Bildquelle: Anthony von pexels, CC0-Lizenz