Frau hält Plakat mit Aufschrift "Gilrs just wanna have fundemantal rights"

Ein Schritt zurück – Abtreibungsverbot in Polen

Letzte Woche ist in Polen ein neues Gesetz in Kraft getreten, das die sowieso schon sehr strikten Regelungen zu Schwangerschaftsabbrüchen noch verschärft. Eine Abtreibung ist nun nur noch möglich, wenn sie für die Mutter lebensbedrohlich oder das Ergebnis einer Straftat ist. Konkret bedeutet das neue Gesetz, dass auch bei einer starken Fehlbildung des Kindes die Schwangerschaft fortgesetzt werden muss.

„Ich möchte nicht eines Tages schwanger werden und mein Kind nach der Geburt sterben sehen.“

sagt Gabriela Stepniak, eine Demonstrantin im SPIEGEL-Interview.

Schon seit Oktober gibt es Massenproteste gegen die Verschärfung. Nachdem das Urteil rechtskräftig wurde, gingen letzte Woche erneut Tausende Menschen auf die Straßen.

„Wir sprachen von einer Hölle für die Frauen, aber ab jetzt werden wir von einer Hölle für die Regierung sprechen. Wir werden Euch die Hölle heiß machen!“

kündigt die Schriftstellerin Klementyna Suchanow an.

Und auch gegen die katholische Kirche richtete sich der hauptsächlich weibliche Protest. Dabei wurden Messen mit Sprechchören gestört oder wie in Breslau Kleiderbügel aus Draht, als Symbol für gefährliche Abtreibungsmethoden, vor dem Bischofssitz abgelegt.

Wie kam es zu dieser Verschärfung?

Das neue Gesetz wurde vom „Verfassungstribunal“, dem obersten Gericht ermöglicht. Dieses wurde aber nach der letzten Wahl von der nationalistisch-konservativen Partei PiS zu deren Gunsten neu strukturiert. Auch die katholische Kirche hat großen Einfluss auf die Partei und einen hohen Stellenwert in der polnischen Gesellschaft. So soll auch sie durch Lobbyarbeit mitverantwortlich für das neue Gesetz sein.

Was hat das Gesetz für Auswirkungen?

Die ohnehin schon hohe Zahl derer, die im Ausland eine Abtreibung durchführen lassen, wird voraussichtlich weiter ansteigen. Außerdem wird befürchtet, dass illegale Abtreibungen zunehmen werden, wobei nicht nur die Kriminalität an sich ein Problem ist, sondern auch, dass oft mit gefährlichen Methoden gearbeitet wird. Das Verletzungsrisiko ist hoch, die WHO schätzt, dass für 47.000 Frauen jährlich eine illegale Abtreibung die Todesursache ist.

Die EU ist nicht zuständig.

Für die Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen in den einzelnen Mitgliedsländern ist Brüssel nicht zuständig. Dennoch will das Europaparlament die Demonstrierenden in Polen unterstützen. Abgeordnete aus verschiedenen europäischen Ländern sprechen sich gegen das neue Gesetz und für die Selbstbestimmung der Frauen in Polen aus. Eine fraktionsübergreifende Mehrheit des Parlaments hat für eine Resolution gestimmt, die Polinnen das Recht auf Selbstbestimmung zuspricht und vor Einschränkungen von Frauenrechten warnt.

Im Rest von Europa herrschen zumeist liberalere Regelungen zu Abtreibungen.

Vielerorts gibt es eine sogenannte „Fristenregelung“, die es Frauen erlaubt, sich bis zu einem gewissen Zeitpunkt straffrei für einen Abbruch der Schwangerschaft zu entscheiden. Danach bedarf es oft einer Indikation, also einem Grund. Diese sind von Land zu Land sehr unterschiedlich geregelt, meist fällt darunter jedoch medizinisches Risiko für Frau oder Kind oder die Entstehung durch Vergewaltigung.

Jedoch heißt das nicht, dass nur Polen ein Problem mit Frauenrechten hat. Malta verbietet Abtreibungen unter allen Umständen, sogar dann, wenn das Leben der Frau in Gefahr schwebt. Und auch in Deutschland ist eine Abtreibung zwar bis zur zwölften Schwangerschaftswoche straffrei, das jedoch nur nach vorheriger Beratung, die zum Ziel hat, die Schwangere zur Weiterführung der Schwangerschaft zu überzeugen. Ärzt*innen dürfen auf ihren Webseiten nicht über Schwangerschaftsabbrüche informieren (das wäre angeblich Werbung) und vielerorts findet man kaum noch Mediziner*innen, die den Eingriff vornehmen.

Eingeschränkte Selbstbestimmung der Frauen ist deshalb nicht nur ein Problem in Polen, sondern an vielen Orten der Welt, Deutschland eingeschlossen.

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Bildquelle: Unsplash, CCO-Lizenz