Frau sitzt trauernd auf dem Fußboden

Die Angst vor dem Tod und wie wir sie verdrängen

Manchmal kommt mir der Gedanke aber auch einfach so, ganz ohne speziellen Anlass. Vor allem dann, wenn ich an einem kalten, verregneten Tag zu Hause sitze. Oder dann, wenn ich nachts allein bin. In jedem Fall nur dann, wenn ich mich allein fühle und auch tatsächlich allein bin.

In jeder dieser Situationen ist der Tod zumindest für kurze Zeit mein gedanklicher Begleiter – bevor er, genau wie damals als Kind, auch heute noch so schnell wie möglich in einer imaginären Schublade verstaut wird, die ich kurz darauf verschließe, sobald er mich heimsucht. Ich bringe nie den Mut auf, mich tatsächlich mit dem Gedanken an den Tod auseinanderzusetzen. Darum verdränge ich ihn.

Keine Angst?

Nun gibt es aber einige Menschen, die keine Angst vor dem Tod haben. Vielleicht Angst vor einem langen Leidensweg; Angst vor einem Vor-sich-hin-Sterben. Aber keine Angst davor, wie sich das Ende anfühlt. Und keine Angst vor dem Nichts – oder dem Was-auch-immer – danach.

Und dabei handelt es sich nicht um Menschen, die unzufrieden mit ihrem Leben sind. Ich rede nicht von Menschen, die suizidgefährdet sind. Die meisten dieser Menschen mögen ihr Leben sehr.

Vielleicht ist mein Glaube daran, dass danach ein Dasein folgt, in dem man ebenfalls ein Bewusstsein hat, schwächer als ihrer.

Vielleicht ruhe ich bisher weniger in mir selbst als diese Menschen. Vielleicht habe ich noch nicht so stark das Gefühl, das meiste von dem, was ich in meiner Lebenszeit erleben und (er)schaffen möchte, erlebt, erschaffen und geschafft zu haben.

Vielleicht ist meine Angst aus einem dieser Gründe größer.

Ich würde diese Angst gern zumindest ein Stück weit überwinden. Ich würde sie gern nicht jedes Mal verdrängen, wenn sie sich in meinen Kopf schleicht. Ich würde ihr gern gegenübertreten.

Aber leider bleibt mir nichts zu sagen, als dass meine einzige Bewältigungsstrategie aktuell darin besteht, diese Angst immer wieder zu verdrängen. Und vielleicht ist das etwas Schlechtes, weil es zeigt, dass man sich nicht traut, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Vielleicht ist das aber auch etwas Gutes – weil es zeigt, dass man an seinem Leben hängt. Und zwar so sehr, dass man regelrecht Angst vor dem Moment hat, in dem es irgendwann vorbei ist.

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Bildquelle: cottonbro on Pexels; CC0-Lizenz