Eurobasket: Bubble-Hype statt Sommermärchen

In seiner Kolumne Seitenwechsel betrachtet unser Autor Paul aus einer politischen und kulturellen Perspektive die aktuelle Welt des Sports. Er blickt dabei weit über die Faszination des reinen Wettkampfes hinaus: Vom kommerzialisierten Profisport, über ehrenamtliche Vereinsarbeit, bis hin zum Fußballstammtisch in der Kneipe zieht er Rückschlüsse auf gesamtgesellschaftliche Phänomene, geprägt von seinen eigenen Erfahrungen.

Die Europameisterschaft ist vorbei. Deutschland hat überragend gespielt und wurde am Ende sensationell Dritter. Interessiert hat das aber kaum jemanden.

Während bei den großen Fußballturnieren das ganze Land Kopf steht, war die Basketball-EM nur eine Randerscheinung. Man stelle sich vor, die deutschen Fußballer, wohlgemerkt Männer, würden bei einer Europameisterschaft im eigenen Land mit grandiosen Leistungen von Sieg zu Sieg eilen. Es wäre das bestimmende Thema jedes Smalltalks, jedes Frühstücktisches und jeder Zigarettenpause. Auch nicht-Fußballfans würden plötzlich die Namen aller Spieler kennen, das Stadtbild wäre geprägt von Deutschlandfahnen und die Menschen würden sich zum Anstoß allesamt vor ihren Fernsehern versammeln. All das war bei der Basketball Europameisterschaft nicht der Fall.

Verdient hätten die Basketballer eine solche Anerkennung allemal. Diejenigen, die dann doch mal zu einem Spiel eingeschaltet haben, waren mit Sicherheit begeistert von den Leistungen. Nur leider waren das verschwindend wenig. Und einfach mal einschalten, ging ja sowieso nicht. Erst ab dem Viertelfinale war es möglich, die deutschen Spiele im Fernsehen zu verfolgen. RTL hatte sich irgendwann dann doch erbarmt, ein Fernsehteam in die Berliner Halle zu schicken. Bis dahin war dies nur möglich mit einem Konto beim Streaming Anbieter Magenta TV – immerhin kostenlos. Eine Live-Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender? Bis zum Ende des Turniers Fehlanzeige.

Und das ist Problem und Folge zugleich. Die Sportredaktionen von ARD und ZDF haben auf der einen Seite die Aufgabe, die Interessen der Gesamtbevölkerung zu bedienen. Auch sie sind abhängig von den Einschaltquoten. Auf der anderen Seite haben sie aber auch den Anspruch, pluralistische und abwechslungsreiche Angebote zu liefern. Ob ihnen das immer gelingt, sei dahingestellt. Im Sommer wird selbst jedes Spiel der U21-EM im Fußball übertragen. Im Winter läuft das komplette Wochenende Biathlon. Seit Jahren ist das so. Einfach, weil es beliebt ist und die nötigen Quoten bringt.

Aber wie sollen so auch andere Sportarten Aufmerksamkeit bekommen? Wie soll die Leistung von Basketballern vernünftig gewürdigt werden, wenn die Spiele nicht im Fernsehen übertragen werden? Natürlich ist es heutzutage kein Hindernis mehr, einen Streamingdienst zu nutzen. Für eine Fußball-WM hätte dies mit Sicherheit fast jeder in Kauf genommen. Bei der Basketball-EM aber leider nicht. Gerade bei Sportarten, die sich nicht der absoluten Beliebtheit erfreuen, muss der Aufwand zum Partizipieren möglichst gering sein. Und muss die Werbung umso größer sein. Beides war bei dieser Heim-EM nicht der Fall. Die Begeisterung ging kaum über Basketballfans und Experten hinaus.

Die Sportler selbst haben das bestmögliche aus sich herausgeholt. Ihre Leistungen waren begeisternd. Für die Sportart Basketball hätte der Ertrag jedoch um einiges besser ausfallen können. Und damit ist nicht eine bessere Platzierung gemeint, sondern eine viel stärker aufkommende Begeisterung und ein viel größerer Hype im eigenen Land. Doch auch ich habe die Spiele nur in der Zusammenfassung gesehen. Schade eigentlich.

Basketball-Experten sagen für das Nationalteam eine goldene Zukunft voraus. Das Team um Kapitän Dennis Schröder sei eines der besten seit vielen Jahren. Und Franz Wagner, die größte deutsche Hoffnung für die Zukunft. Erfahren habe ich all das durch eine kurze Recherche – und leider nicht durch einen Smalltalk in der Mittagspause.

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Bildquelle: Markus Spiske auf pexels