Musik für die Dauerschleife – OK KID im Interview zu ihrem neuen Album „DREI“

Ody: Also schließt das eine das andere nicht aus?

Raffael: Ja auf jeden Fall! Das ist ja auch immer so eine Definitionssache. Was heißt heutzutage Popmusik in Deutschland? Ist das nur Max Giesinger oder ist nicht im Endeffekt alles, was so gepumpt wird, Pop? Hip-Hop ist Popmusik, es ist so die größte Musikrichtung zurzeit und kein Underground mehr. Unser Pop-Begriff ist einfach sehr weit gefasst, für uns ist es zugängliche Musik. Das legt sich aber nicht auf einen bestimmten Style fest, die kann tiefgründig, aber trotzdem einfach zu greifen sein. Beim ersten Mal bekommst du vielleicht nicht alles mit, aber dann hörst du dir das halt nochmal an und das ist genauso Pop, wie alles andere auch.

Ody: In diesem Album behandelt ihr Krieg, Krisen, Sexismus und mentale Gesundheit – also all den Scheiß, der in der Welt da draußen so abgeht. Seht ihr da eine Verantwortung oder Möglichkeit in eurer Musik?

Raffael: Also ich glaub eine Verantwortung fühlen wir nicht. Ich finde, wenn man Musik macht, dann hat man jetzt keine Verantwortung, dem/der Zuhörer*in irgendwas mitzugeben, zu unterrichten oder was weiß ich, man darf das schon machen. Bei uns gab es aber nie einen erhobenen Zeigefinger, oder dass wir dem/der Hörer*in mitteilen, wie etwas zu sein hat. Wir drücken, vor allem in diesem Album, das aus, was uns bewegt und das sind halt einfach die aktuellen Themen, die genauso wie bei jedem/jeder anderen auch so ins persönliche Leben reinspielen – Krieg ist jetzt nicht mehr irgendwas, was irgendwo weit weg stattfindet; er findet direkt vor unserer Haustür statt. Sexismus und Mental Health berühren uns auch in unserem täglichen Leben und darüber spricht man jetzt auch.

Ody: Musikalisch gesehen ist „Mr. Marry Poppins“ mein absolutes Lieblingslied auf diesem Album. Ich wurde aber selbst nach mehrmaligem Hören nicht schlau draus – was war die Idee hinter diesem Song?

Jonas: Es geht bei dem Song gar nicht darum, eine einfache Aussage zu haben, die jeder versteht. Bei Songs wie „Es regnet Hirn“ ist klar, worum es geht und bei „Das Letzte“ mit Jeremias auch. Aber bei Mr. Mary Poppins ist es einfach das Gefühl; ein Gefühl von Aufbruch, das Gefühl, dass sich etwas auflöst. Da hast du dann eher Fragmente, Punchlines und eine Emotion drin, als dass es jetzt eine einzige richtige Aussage gibt. Aber wenn du des feierst und du dich angesprochen fühlst, dann ist schon alles erreicht. Und das eigentliche Thema, um das es da geht: Es geht um Mr. Mary Poppins, quasi um die Geschlechterrollenauflösung. Aber es gibt so viele unterschiedliche Fragmente von Selbstschutz bis Mental Health, das kann jeder für sich rausziehen. Es gibt viele Songs, die interpretieren wir für uns komplett anders als die Rezipient*innen, die das dann anhören. Das macht es aber auch wieder spannend und geht dann vielleicht wieder weg vom eigentlichen Pop-Begriff, wo alles immer klar und leicht verständlich ist. Aber man kann es trotzdem einfach konsumieren.