Schwangere sollen sich bald über Abtreibungen informieren können

Mein Uterus, meine Entscheidung: Aufhebung von 219a

Paragraph 219a soll möglicherweise bald gestrichen werden. Dafür ist es höchste Zeit.

Junge Frauen, die mit bunt bemalten Schildern durch die Straßen ziehen. „My Body, my choice“ ist darauf zu lesen. Sie wollen Freiheit und Selbstbestimmtheit. Über ihren Körper und ihr Leben. Das gilt auch im Falle einer Schwangerschaft: Sie möchten selbst entscheiden, ob sie ihr Kind behalten oder nicht. Bisher steht ihnen jedoch der Paragraph 219a des Strafgesetzbuches im Weg. Doch der wird möglicherweise bald Geschichte sein.

Denn schon bald sollen Ärzt*innen öffentlich über verschiedene Möglichkeiten von Schwangerschaftsabbrüchen informieren können – und das, ohne eine Strafe befürchten zu müssen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat vergangenen Montag einen Entwurf für die Aufhebung des Paragraphen 219a vorgelegt. Über diesen Entwurf wird jetzt in Absprache mit anderen Ressorts der Bundesregierung abgestimmt. 219a verbietet bisher die „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“. Zu „Werbung“ zählt schon die ausführlichere Information über die verschiedenen Methoden des Schwangerschaftsabbruchs. „Wir müssen das Recht der Gegenwart anpassen“, sagt der Justizminister.

Mit dieser hat der Paragraph nämlich nur wenig zu tun. Wir leben in einer Gesellschaft von Informationsüberfluss. In einer, die geprägt von Aufklärung und Gleichberechtigung sein will. Nur im Bereich Abtreibung will man davon nichts wissen. Verwehrt man Schwangeren die Information über einen Schwangerschaftsabbruch, entmündigt man sie. Aber nicht nur das: Ihre Informationen bekommen die Frauen dann vorrangig im Netz. Ein Halbwissen, was sie sich wie ein Puzzle selbst zusammensetzen müssen. Das ist demütigend und entwürdigend für eine Person, die sich womöglich eh schon in einem emotionalen Ausnamezustand befindet. Mit Informationsfreiheit hat das nur wenig zu tun.

Viele Frauen entscheiden sich gegen eine Abtreibung: aus Achtung vor dem Leben. Das Argument ist verständlich und nachvollziehbar. Aber was ist mit all den Frauen, die in schwierigen Verhältnissen leben? Mit Opfern sexuellen Missbrauchs? Mit jungen Müttern, die sich ein Kind nicht leisten können? Mit Frauen, die ein lebensunfähiges Kind zur Welt bringen werden? Man kann sich auch für eine Abtreibung entscheiden. Und zwar aus dem gleichen Grund wie oben genannt. Nur ist es hier die Achtung vor dem Leben der Mutter. Es ist das mindeste, dass sie sich zumindest über ihre Möglichkeiten informieren können und Unterstützung erhalten.

Keine Arztpraxis wird nun Werbeschilder mit „Abtreibungen zum halben Preis“ aufstellen oder die Patient*innen versuchen zu überreden. Ein Bild, was Verfechter von 219a gerne verbreiten. Aber eine Abtreibung passiert nie einfach so. Dazu gehört eine lange und intensive Aufklärung.

Studien zeigen außerdem: Weder die Kriminalisierung der Information und der Eingriffe selbst hat die Zahl der Abtreibungen gesenkt, noch hat in einem Land ein liberales Abtreibungsrecht zu einem Anstieg geführt. Frauen treiben nicht einfach so mal eben schnell ab, weil es erlaubt ist oder weil darüber informiert wurde. Sie sehen keinen anderen Ausweg. Möchte eine Schwangere abtreiben, dann wird sie es tun. Egal, ob sie darüber informiert wurde oder nicht. Ohne eine Abschaffung von 219a ist sie aber möglicherweise dazu gezwungen, ihre Entscheidung ohne ausreichende Information zu treffen. Darunter leidet die körperliche und psychische Gesundheit der Frau.

Die Abschaffung von 219a ist also wichtig und richtig. Sie ist ein entscheidender Schritt in Richtung Selbstbestimmtheit und der Enttabuisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Erreicht sind diese Ziele jedoch erst, wenn auch Paragraph 218, der Schwangerschaftsabbruch, aus dem Strafrecht verschwindet.

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Bildquelle: Tima Miroshnichenko auf Pexels; CC0-Lizenz