Frauen auf einer Bank. Bild: Pexels

Höher, schneller, weiter: Warum Erfolg nicht messbar ist

Das kann doch nicht gesund sein

Ich muss nur Instagram öffnen, um dieses Menschenbild auf Steroiden zu betrachten. Denn Social Media ist überschwemmt von Coaches, Rich Kids und Business Insidern, die dir sagen, dass du nur hart genug arbeiten musst, um erfolgreich und glücklich zu werden. Bei Begriffen wie Hustle Culture oder Moneymindset dreht sich mir der Magen um. Denn was mit diesen Ausdrücken gefördert wird, ist nichts anderes als Egoismus. Dabei wird weder auf Familie noch auf Freunde oder die eigene Gesundheit eingegangen. Stattdessen wird das Bild des einsamen Wolfes völlig überzeichnet. Da fallen Sätze wie: „Es ist einsam an der Spitze“ oder „Arbeite, bis sie dich nicht mehr ignorieren können“. Ist sie nicht schön, diese Ellbogen-Mentalität?

Was jedoch nicht angesprochen wird, ist, was dir diese Denkweise nimmt. Zunächst haben Studien gezeigt, dass zu viel Arbeit deine Kreativität killt. Menschen, die mehr als 50 Stunden die Woche arbeiten, sind sehr viel unkreativer als Personen, die weniger als 40 Stunden arbeiten. Vor allem, wenn man mehr als 50 Stunden für ein Unternehmen arbeitet. Das liegt insbesondere daran, dass man keine Zeit hat, in der man seine Reserven wieder auffüllen kann. Darüber hinaus ist zu viel Arbeit nicht gut für die Gesundheit. Stress lässt dein Kortisol-Level drastisch ansteigen, zu viel Sitzen ist ungesund für die Durchblutung, zu lange Bildschirmzeiten schlecht für die Augen, zu langes Tippen auf der Tastatur führt zu Sehnenscheidenentzündungen und von der mentalen Gesundheit fange ich jetzt gar nicht erst an. In Japan gibt es mittlerweile sogar einen Begriff für den plötzlichen Tod am Arbeitsplatz. Juhu! Die Liste lässt sich beliebig erweitern. Weiterhin ist zu viel Arbeiten sogar schlecht für deine Produktivität, weil man sich eben gar nicht so lange konzentrieren kann. Das ist wie beim Sport. Wer eine hohe Leistung abrufen will, der muss dem Muskel Zeit zur Erholung geben.

Der Punkt ist doch, klar kann ich mit 28 meinen Doktor haben oder mit 23 ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut haben. Ich kann mir mit 24 meinen ersten Ferrari kaufen oder mit 26 mein Eigenheim abbezahlt haben. Aber was bringt mir das auf lange Sicht? Was bringt es mir, studiert zu haben und nicht auf einer einzigen Fachschaftsparty gewesen zu sein? Was bringt es mir, meinen Tag perfekt durchzutakten, aber keine guten Freunde zu haben? Und wie viel ist mein beruflicher Erfolg wert, wenn ich dafür meine Gesundheit riskiere?

Was ist Erfolg?

Ja, ich möchte gut in dem sein, was ich beruflich mache. Aber das kann ich nur, wenn ich es auch schaffe, in den anderen Lebensbereichen die Balance zu halten.

Es wird immer argumentiert, dass Fleiß den Erfolg bringt. Aber die Wahrheit ist doch, dass Leidenschaft den Erfolg bringt. Und damit meine ich nicht den monetär messbaren Erfolg, sondern die Art von Erfolg, die dir Lebensfreude bringt.

Ich brauche niemanden, der in der Uni vor mir steht und mir sagt, wie viel Geld ich mit meinem Studiengang verdienen werde. Diese Aussagen kann ich mit einer schnellen Google-Suche relativ leicht entkräften. Was ich brauche, sind Menschen, die mir erzählen, warum sie lieben, was sie tun. Denn ich glaube fest daran, dass man nur so wirklich glücklich wird.

Ich für meinen Teil, ich liebe das Schreiben. Und da ist es mir egal, ob ich damit mal so erfolgreich werde wie J.K. Rowling oder ob meine Artikel nur ein paar Hundert Leute begeistern. Ja, ich möchte mich mit diesem Job finanzieren können, aber ich brauche keine Millionen auf meinem Bankkonto, wenn das bedeuten würde, dass ich einen Job mache, den ich abgrundtief verabscheue.

Also, wenn du gerade dein Abi in der Tasche und eine Vorliebe für Gartenbau hast, dann mach das. Und wenn du so richtig gerne programmierst, dann studiere das. Aber mach nichts, von dem du jetzt schon weißt, dass es die „vernünftigere“ Entscheidung wäre oder weil du damit viel Geld verdienen könntest. Glaub mir, das erspart dir nicht nur viele schlaflose Nächte und Tränen, sondern vielleicht auch eine handfeste Depression und ätzende Rückenschmerzen.

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Bildquelle: Zen Chung von Pexels; CC0-Lizenz