Socken auf der Wäscheleine

Frauen schuften unbezahlt: Es geht auch gerechter

Herzlichen Glückwunsch, es ist Weltfrauentag! Hier ein paar Blumen, Sekt und Schoki. Und danke, dass ihr so lieb seid und immer die lästige Hausarbeit erledigt und die Kinder versorgt. Heute werdet ihr dafür mal wertgeschätzt! Aber Wertschätzung reicht nicht.

Wenn wir von „Arbeit“ sprechen, geht es meistens um den Job, die Anstellung, die für unser monatliches Gehalt sorgt. Doch wir arbeiten auch, ohne dass wir dafür bezahlt werden. Wir kochen Abendessen, spülen Geschirr, waschen Wäsche, einige versorgen Kinder, andere ihre Eltern. Wenn wir all diese Tätigkeiten nun einmal als Arbeit definieren, dann werden deutsche Frauen im Schnitt für ein Drittel ihrer Arbeitszeit bezahlt, Männer für zwei Drittel. Das heißt also, wenn in einer Hetero-Beziehung beide Vollzeit arbeiten, opfert die Frau doppelt so viel ihrer Freizeit für die „Care-Arbeit“ wie der Mann. Oder sie arbeitet Teilzeit und verdient dementsprechend weniger. Noch größer ist der Unterschied bei Eltern minderjähriger Kinder. Hier verrichten die Mütter viermal so viel unbezahlte Arbeit im Haushalt und der Kinderbetreuung wie die Väter. Das resultiert in einem niedrigeren Einkommen der Frauen, finanzieller Abhängigkeit und mangelnder Altersvorsorge, die in die Altersarmut führen kann.

Es ist Fakt, dass die sogenannte „Care-Arbeit“, also Haushalt, Kinder und Pflege, für eine funktionierende Gesellschaft unabdingbar ist. Unser Leben funktioniert nicht ohne Kinder, die betreut werden, ohne Senioren oder Kranke, die gepflegt werden. Unser Alltag funktioniert nicht ohne das Mittagessen und das Klo muss auch geputzt werden. Was muss sich also nun ändern, damit all diejenigen, die diese wichtige Arbeit erledigen, nicht in finanzielle Engpässe oder Abhängigkeiten geraten? Dass auch sie Freizeit haben? Wie garantiert man ihnen eine Rente, ein Einkommen?

Die Lösung kann nicht sein, die Arbeit einfach weiter zu delegieren. Klar, es hört sich fürs Erste verlockend an, eine Reinigungskraft einzustellen, die Kinder in die Betreuung zu geben und abends Pizza zu bestellen. Mit dem Lohn zweier gut Verdienender lässt sich die Care-Arbeit bezahlen. Doch mit dem Lohn einer Reinigungskraft, eines Kindergärtners oder einer Lieferantin lässt sich die Sorgearbeit nicht an andere Personen übertragen – sie müssen sie nach langen Stunden bezahlter Arbeit zuhause selbst verrichten. Es geht also nicht nur um Geschlechtergerechtigkeit, sondern auch um soziale Gerechtigkeit.

Besonders in Reinigungsberufen und der Altenpflege arbeiten viele Migrantinnen. Sie lassen ihre Familie zurück, um hier delegierte Care-Arbeit zu Niedriglöhnen zu übernehmen. Wer kümmert sich aber nun um die Kinder oder Eltern der Pflegekraft? Die Lücke wird meist von anderen Frauen der Familie gefüllt, der Großmutter oder der ältesten Tochter. Diesen Effekt beschreibt die Soziologin Arlie Russell Hochschild mit dem Begriff „Global Care Chain“. Die delegierte Arbeit verschafft nur wenigen privilegierten Frauen Gleichstellung und Gerechtigkeit. Es müssen deshalb gesellschaftliche Lösungen und Konzepte erarbeitet werden, wie gerechte Arbeitsteilung möglich gemacht wird. Einige Ansätze gibt es bereits, wir stellen drei davon vor:

1. Die 20-Stunden-Woche

Schon 1935 hat der Philosoph und Mathematiker Bertrand Russell in seinem „Lob des Müßiggangs“ für den vierstündigen Arbeitstag plädiert: „[Es wird] wieder Glück und Lebensfreude geben, statt der nervösen Gereiztheit“. Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung wollen 40% der Arbeitnehmer*innen weniger arbeiten, unter ihnen vor allem Männer, die 40 Stunden die Woche oder mehr im Job verbringen. Eine gerechtere Verteilung der Lohnarbeit könnte auch zu einer gerechteren Verteilung der unbezahlten Arbeit zuhause führen, da so beide Partner gleich viel Zeit haben. Auch Lohnunterschiede werden kleiner, wenn beide Partner gleich viel Erwerbsarbeit leisten. Und das Konzept könnte noch mehr Vorteile mit sich bringen: In einem Vergleich der OECD-Mitgliedstaaten (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) ließ sich ein Zusammenhang zwischen kürzerer Arbeitszeit und höherer Produktivität feststellen. In der Praxis gibt es dennoch einige Schwierigkeiten: Im Rahmen eines Pilotprojekts in einem schwedischen Krankenhaus wurde die Arbeitszeit der angestellten Altenpfleger*innen von acht auf sechs Stunden reduziert – bei gleichbleibenden Löhnen. Das Ergebnis war eine bessere Pflege und weniger Fehlzeiten durch Krankheit. Da die Senior*innen allerdings eine Rundum-Betreuung benötigen, musste man mehr Leute anstellen. Da alle den gleichen Lohn erhielten, wurde das Projekt nach zwei Jahren eingestellt, weil es zu teuer war. Dies ist wohl der größte Kritikpunkt am Konzept – denn auch in anderen Branchen ist es kostspieliger, zwei Mitarbeiter*innen à 20 Stunden die Woche anzustellen anstatt eine*n à 40 Stunden. Der Mehraufwand durch Anwerbung, Einarbeitung und Papierkram verdoppelt sich.