Frau liegt auf der Couch und telefoniert

„Ich war auf Bali, und bei dir so?“ – Vom Gefühl, in Freundschaften mithalten zu müssen

Und dieses Gefühl hatte ich bisher nicht nur in Freundschaften, sondern sogar in Beziehungen. Freitagabend, 22:48 Uhr. Ich rufe meinen ebenfalls 200 Kilometer weit entfernten Freund an, weil ich ihn dringend etwas fragen muss. Wir quatschen eine Weile, dann sagt er, dass er sich jetzt langsam mal aufraffen muss.

„Wo willst du noch hin?“, frage ich.

„Naja, es ist Freitagabend, ich will auf jeden Fall nicht die ganze Nacht hier rumliegen“, antwortet er – während ich, schon in Schlafklamotten, gemütlich im Bett sitze.

Er ist, genauso wie meine zwei Freundinnen, sehr reizsuchend, kennt viele Menschen, ist eigentlich immer irgendwo unterwegs. Und ich zur Zeit eben eher weniger.

Das liegt zum einen daran, dass mir momentan einfach die Leute dazu fehlen. Ich will keinen Hehl daraus machen, dass ich mich in Berlin manchmal etwas allein fühle. Wenn man beispielsweise ein Studium oder eine Ausbildung beginnt, freundet man sich meistens mehr oder weniger von allein mit einigen Kommiliton*innen oder Mitschüler*innen an, es passiert auf ganz natürliche Weise. Ich bin aber nicht für ein Studium oder eine Ausbildung nach Berlin gezogen, sondern für ein Praktikum, bei dem meine wenigen Kolleg*innen zwar alle super nett waren, aber sich zum Einen untereinander schon ewig kannten und zum Anderen logischerweise nicht unbedingt daran interessiert waren, mich in ihre privaten Freundeskreise zu integrieren. Im Sommer war das weniger deprimierend als jetzt. Solange es warm ist, findet man immer Leute, mit denen man etwas unternehmen kann. Sobald es kälter wird, zeigt sich, mit wem sich wirklich eine Freundschaft anbahnt – und mit wem nicht. Neben meiner Mitbewohnerin gibt es zwar mittlerweile zwei Personen, die ich sehr regelmäßig sehe – allerdings reicht das nicht annähernd aus, um jeden Abend in der Woche zu füllen.

Abgesehen davon, dass mein Erlebnispegel von den äußeren Umständen abhängt und allein darum sehr schwankt, ist auch mein inneres Bedürfnis nach krassen Partys und neuen Menschen stark phasenabhängig. Der Drang nach Abwechslung kommt mit den Frühlings- und Sommermonaten und verabschiedet sich danach allmählich wieder. Im Herbst und Winter neige ich eher dazu, mich in mein imaginäres Katzenkörbchen zurückzuziehen, mich einzurollen und von der Welt abzuwenden. Die Beobachtung, dass es vielen anderen Menschen da offensichtlich anders geht, lässt mich hin und wieder daran zweifeln, ob es okay ist, nicht das Bedürfnis zu haben, jede Nacht auszugehen.