Frau liegt auf der Couch und telefoniert

„Ich war auf Bali, und bei dir so?“ – Vom Gefühl, in Freundschaften mithalten zu müssen

Wenn ich meinen eigenen Artikel bis zu diesem Punkt lese, finde ich es ziemlich bedenklich, dass ich mir diese Gedanken überhaupt mache. Aber es ist nun einmal tatsächlich so, dass es allgemein eher als positiv bewertet wird, wenn man viel unterwegs ist, viele Menschen kennenlernt oder auch wahnsinnig produktiv ist. Auf der anderen Seite wird es allgemein eher als negativ bewertet, wenn man viel Zeit allein verbringt. Wenn man zum Beispiel auf die Frage „Und, wie war dein Wochenende?“ mit „Ach, ganz gemütlich, ich habe nichts Spektakuläres gemacht“ reagiert, wird daraufhin nur sehr schnell und mit einem Anflug von Mitleid geantwortet: „Ach so, okay.“

Und ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass ich in dieser Hinsicht einfach von seltsamen Menschen umgeben bin, sondern dass dieses Denkmuster tief in uns allen verankert ist. Sicher reagiere ich selbst ähnlich, wenn mir jemand erzählt, dass er nichts Besonderes unternommen hat. Aber ist es nicht mehr als bedenklich, dass wir selbst in Freundschaften, Beziehungen und vor der Familie das Gefühl haben, mithalten zu müssen?

Ich bin noch nicht ganz dahinter gestiegen, weshalb dieses allgemeine Konkurrenzgefühl sogar in meinen sehr engen zwischenmenschlichen Beziehungen einen gewissen Raum einnimmt. Vielleicht ist es schlicht und einfach ein Ego-Ding. Vielleicht komme ich tatsächlich nicht damit klar, dass andere Menschen phasenweise aufregendere Erlebnisse vorzuweisen haben als ich. Vielleicht ist es aber auch die Angst, dass meine Freund*innen und mein Freund mich nicht interessant genug finden und sich auf die Suche nach „spannenderen“ Menschen begeben.

Aber egal, woran es liegt: Letztendlich ist es wichtig, sich in solchen Situationen vor Augen zu führen, dass es keinen Grund gibt, sich schlecht zu fühlen, nur weil die Freund*innen oder der*die Partner*in eventuell gerade durch eine abwechslungsreichere Lebensphase gehen als du. Man muss mit niemandem mithalten. Zeit allein zu verbringen, ist objektiv betrachtet weder positiv noch negativ – es ist das, was wir daraus machen.  

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Bildquelle: RODNAE Productions on Pexels; CC0-Lizenz