Jannis Niewöhner (Karl) und Luna Wedler (Maxi) © Copyright Pandora Film; Foto von Tom Trambow

„Je suis Karl“: Verliebt in einen Rechtsextremisten

Maxi verliert fast ihre ganze Familie bei einem mutmaßlich islamistisch motiviertem Terroranschlag. Von der Welt in Stich gelassen lernt sie Karl kennen, der ihr Halt und Antworten verspricht – innerhalb einer rechtsradikalen Bewegung.

Maxi ist in einem bunten Umfeld großgeworden: Zuhause werden Deutsch und Französisch gesprochen, die Eltern haben sogar Yusuf, einen Flüchtling, illegal über die Grenze geschmuggelt – an Nächstenliebe mangelt es der Familie also nicht. Das ändert sich jedoch Schritt für Schritt, als Maxi eben dieses liebevolle Zuhause genommen wird und Angst und Verzweiflung in Wut umschlagen. Über die Verwandlung einer jungen Frau und den Appeal eines Rädelsführers haben wir mit Luna Wedler (Maxi) und Jannis Niewöhner (Karl) gesprochen:

Interview mit Maxi-Darstellerin Luna Wedler

ZEITjUNG: Maxi verliert Mutter und Geschwister bei einem Bombenanschlag – für die meisten Menschen ein unvorstellbares Erlebnis: Wie hast du dich auf diese Rolle vorbereitet?

Luna: Als ich das Drehbuch zum ersten Mal gelesen habe, war da schon diese Empathie, dieses unglaubliche Mitgefühl für diese junge Frau da. Für den Dreh haben wir uns außerdem ausgiebig mit der „Neuen Rechten“ beschäftigt, wie sie etwa reden und welche Mittel sie nutzen, um Leute auf ihre Seite zu ziehen. Dann sind da natürlich die ganzen Proben gewesen, besonders mit Jannis habe ich sehr viel geprobt. Das hat auch sehr dabei geholfen, die Chemie zwischen uns aufzubauen und wirklich an den Szenen zu arbeiten.

ZEITjUNG: Maxi landet bei Karl und seiner rechtsradikalen, ausländerfeindlichen Bewegung zur „Regeneration Europas“ und folgt ihm auf seinem Pfad durch Europa. Was lässt sie trotz anfänglicher Zweifel weitergehen?

Luna: Viele Leute haben sich schon gefragt, ob jemand aus so einer Familie und einer so bunten Umgebung solch einer Rhetorik eigentlich so schnell verfallen würde. Aber wenn man alles verloren hat, einfach nur wütend ist und Antworten will, dann kann man schnell in solchen Kreisen landen. Besonders, wenn diese Gruppe sonst so cool rüberkommt und man sich bei den Leuten aufgehoben fühlt – sie sehen ja nicht mehr aus wie die Rechten von früher und geben sich auch ganz anders.

Und wenn jemand dann an einem Punkt wie Maxi ist, die sich nach einem so großen Verlust einfach verloren fühlt, und jemand dieser Person Antworten verheißt oder Halt geben kann, dann ist man empfänglicher für Manipulation. Und diese Verführung ist eine Gefahr, welche von rechtem Gedankengut ausgeht und die wir in diesem Film wirklich zeigen wollten.

Luna Wedler als Maxi © Copyright Pandora Film; Foto von Tom Trambow

ZEITjUNG: Apropos bunte Umgebung – mit Yusuf kennt Maxi ja eigentlich auch einen Flüchtling, der Karls Ausländerbild deutlich widerlegt. Schützt Wissen also nicht vor dummen Entscheidungen?

Luna: Ich würde in diesem Fall nicht einmal von einer „dummen Entscheidung“ sprechen, weil niemand sagen könnte, dass er oder sie in dieser Situation nicht ähnlich reagiert hätte. Ich sehe Maxi auch nicht als ein Opfer, ich sehe sie als Kämpferin, die sich im Gegensatz zu ihrem Vater auf die Suche nach Antworten macht. Diese Wut und ihre Trauer machen sie blind gegenüber der Verwandlung und Manipulation, die sie durchlebt. Am Ende dieses schleichenden Prozesses ist man dann so weit drinnen, das man es selbst gar nicht mehr realisiert.

ZEITjUNG: Wenn du Maxi am Anfang des Films einen Ratschlag hättest geben können, welcher wäre das?

Luna: Ich kann ihr da nicht wirklich einen Ratschlag geben, ich wüsste nicht welchen. Alles, was ich sagen könnte, wäre: „Bleib bei deinem Papa, trauert zusammen und holt euch Hilfe.“. Oder ich würde sie einfach in den Arm nehmen, damit sie weiß, dass jemand da ist. Das ist wohl alles, was irgendwer in diesem Moment hätte tun können.