Katar 2022: Kommentar zur Skandal-WM

Der Fußball als kapitalistisches Produkt

Die allgemeine Marschrichtung des Fußballs ist schon länger klar: Weg von den Fans – Hin zum Geld. Das Problem an diesem Konzept ist, dass das Geld, das verdient wird, ohne Fans überhaupt nicht generiert werden kann. Die Fans sind diejenigen, die Tickets kaufen und zu den Spielen fahren. Wenn das nicht geht, wird zu Hause der Fernseher angeschaltet und die Einschaltquote steigt. Trikots, Schals und andere Fanartikel: Alles wertlos, ohne den Fan, der sie kauft. Daher hat der Fußball einst sinngemäß den Fans gehört, die den großen Teil zum Überleben ihres Sports beitragen. Fußball ist Arbeitersport gewesen, schon immer. In England während der Industrialisierung soll er entstanden sein. In Deutschland wurde der Sport zunächst kritisch beäugt und als unproletarisch abgetan. Der Grund unter anderem: Eine sich entwickelnde Starkultur um herausragende Spieler und das Entstehen von Konkurrenzgedanken.

Schon früh wurde das Potential und die gleichermaßen wachsende Gefahr um den Fußball als Produkt erkannt und abgelehnt. Lange konnte sich der Widerstand halten. Die Fans haben die Verbände und Konzerne in Schach gehalten. Der Fußball fand so statt, wie es am besten für die Fans ist. Schließlich konsumieren sie das Angebot und sind die eindeutige Mehrheit. Mit dem Entstehen von Ultra-Bewegungen aus Italien wurde sich noch besser organisiert und Forderungen klarer formuliert. Die Ultras verstehen sich als eine Art Instanz und möchten mitsprechen bei den Dingen, die Ihren Verein und Fußball betreffen. Der Umbruch in der Fankultur rund um die 90er -Jahre markiert jedoch auch den Beginn eines langwierigen Kampfes zwischen zwei Lagern: Fans und Verbände. Die Ultras sind schnell ungeliebt. Sie sind zu unbequem, fordern zu viel, ziehen zu viel Aufmerksamkeit auf sich. Außerdem rollt parallel dazu eine Welle der Gewalt durch Europa. Hooligans sind auf dem Vormarsch, sie zerlegen ganze Städte, es sterben Fans und Polizisten. Das wird sich zum Anlass genommen, um gegen die Fans vorzugehen. Sie seien ungebildete, gewalttätige Randalierer. Ein Bild, das sich bis heute gehalten hat. Es werden außerdem erste Sponsorenverträge abgeschlossen. Das erste Mal wird, außerhalb vom Wettgeschäft, Geld aus dem Fußball geschlagen.

Wo bleiben die Fans?

Von da an geht es schnell. Die Maßstäbe verschieben sich, es wird mehr Geld geschaffen und ausgegeben. Transfersummen steigen in die Höhe, Trikots und Stadien werden mit Werbung vollgestopft, die Sportler verdienen mehr Geld. Die Fans verlieren die Kontrolle, der Fußball kommt auf dem Weltmarkt als Produkt mit tausend Möglichkeiten an. Eine Entwicklung, die ihre Antithese noch nicht gefunden hat. Heute gibt es Marken, die ganze Vereine aufkaufen und entstehen lassen. Wenn Spieler den Verein wechseln, tun das auch 3-stellige Millionenbeträge. EIN Spieltag, der früher samstags war und in der ARD ausgestrahlt wurde, findet von Freitag bis Montag statt und wird auf mehrere Pay-TV Sender aufgespalten, so dass es kaum noch möglich ist, das Spiel zu sehen, das für mich relevant ist. Es geht nur noch darum, wie sich am meisten Geld verdienen lässt. Das Interesse der Fans wird komplett in den Hintergrund gestellt, es steht an letzter Stelle. Die Visiere im Kampf zwischen UEFA, FIFA, DFB und Fans sind schon lange unten, man liefert sich eine erbitterte Schlacht.

Was bleibt?

Die WM in Katar ist die Spitze des Hochtreibens des Fußballs als Produkt, als Geldmaschine. Die FIFA stellt ihren Gewinn nicht nur über Faninteressen, auch Menschenwürde und Menschenleben müssen ihm weichen. Der Fußball ist ausgemelkt. Die Entwicklung wird nicht mehr lange so weitergehen können. International vernetzen sich Ultra-Gruppierungen, legen ihre Feindschaften untereinander ab, um zusammen für die Rückgewinnung ihres Sports zu kämpfen. Es werden Spiele bei gewissen Kommerzvereinen boykottiert, FIFA und andere Verbände als klaren Feind benannt. Auch wenn die Verbände so tun, als würde sie das kalt lassen und noch immer probieren, Fans und Ultras als Sündenbock darzustellen, so wissen sie selbst noch besser als jeder andere, dass alle Macht noch immer in den Händen der Zuschauer liegt. Ohne Konsument kein funktionierendes Produkt.

In der heutigen Zeit des Fußballs hat man als solcher Konsument eine gewisse Verantwortung. Man kann selbst entscheiden, was für ein Verhalten der Verbände man toleriert und was nicht. Es wird seit Jahren probiert, mit diesen Konzernen zu reden, es gibt keine angemessenen Reaktionen. Stattdessen eine Weltmeisterschaft in Katar. Die Message, die ein ausgeschalteter Fernseher vermittelt, werden sie besser verstehen.

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