Katja Lewina. Bild: Lucas Hasselmann

Katja Lewina hat Bock, Männer zu entschlüsseln

ZEITjUNG: Männer im Patriarchat sind gleichzeitig Täter und Opfer. Was bedeutet das für männliche Sexualität?

Katja Lewina: Wenn deine Männlichkeit davon abhängt, wie potent du bist, wie groß dein Schwanz ist, mit wie vielen Frauen du geschlafen hast, dann kann das total einschüchternd sein. Das kann dich total davon abhalten, ein Gefühls- und Handelsspektrum zu erzeugen, das dir selbst guttut und entspricht. Ich bin mir auch total sicher, dass Männer, die zum Beispiel übergriffiges Verhalten an den Tag legen, genau dieser Idee von Männlichkeit, von Härte und krasser Potenz, von ich krieg sie alle, folgen. Männer, die mit so einer Härte in sich rumlaufen, können nicht glücklich sein.

ZEITjUNG: Männliche Sexualität, oder zumindest eine, in der ich mich wohlfühle, auf die ich stolz sein kann, klingt nach harter Arbeit.

Katja Lewina: Es ist sehr, sehr einfach auf dieser Welle mitzureiten, mit der wir erzogen worden sind oder mit der wir ständig konfrontiert werden. Es steckt so viel Sexismus in uns drin, wir merken das schon gar nicht mehr. Wenn du anfängst, dich davon zu befreien, dann ist das ein enormer Kraftaufwand. Wenn du auf einmal alles hinterfragen musst und dir bei jedem Schritt denkst, okay warum mache ich das eigentlich, kann das schon schwierig sein. Aber das Gute ist ja, sobald man sich das bewusst gemacht hat, werden die Dinge von alleine schon einfacher und wenn du merkst, hey hier läuft irgendwas schief, kannst du gegensteuern.

ZEITjUNG: Wie wichtig ist denn gerade auch für Männer der Feminismus?

Katja Lewina: Feminismus ist natürlich auch für Männer die totale Befreiung. Denn was ist das für ein Leben, in dem du andere unterdrückst? Auch wenn du das nicht mit roher Gewalt machst, wirkst du als Mann im Patriarchat an einer Ungerechtigkeit mit und musst mit der Schuld leben, anderen Menschen etwas wegzunehmen. Gleichzeitig kann es die totale Entlastung sein, diesem Männlichkeitsdruck nicht mehr Folge leisten zu müssen, auch in anderer Hinsicht als nur der sexuellen. Es bedeutet, dass Männer Zeit mit ihren Kindern verbringen können, dass sie nicht mehr dafür verantwortlich sind, die Familie durchzubringen, dass sie eine Partnerin auf Augenhöhe haben. Das sind total schöne Dinge, die da passieren können.

ZEITjUNG: Was wünscht du dir von „Bock“? Wer sollte das lesen?

Katja Lewina: Ich wünsche mir natürlich vor allen Dingen, dass Männer das lesen — was vielleicht auch ein utopischer Wunsch ist, denn Männer lesen generell nicht so viel, und schon gar nicht feministische Literatur! Aber vielleicht lesen sie ja wenigstens dieses Interview.

Erscheinung am 13. August 2021 im DuMont-Verlag, 224 Seiten

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