Lästern – Mobbing in der Grauzone

Ich habe noch nicht einmal mit dem Artikel angefangen und ich merke schon, wie sehr mich das Thema aufwühlt. Vielleicht, weil ich die Folgen des Lästerns hautnah miterlebt habe. Vielleicht, weil ich selbst ein Teil davon gewesen bin. Ich weiß nur, dass es sich zu keiner Zeit gut angefühlt hat, über andere herzuziehen, oder selbst Opfer davon zu sein. Soziale Ängste, Referate und vor anderen zu reden, sind bis heute noch ein Problem. Worte tun anders weh, doch das macht sie nicht weniger schlimm.

Die Schulzeit ist eine unerbittliche Zeit für all jene, die in der Coolnessskala weiter unten liegen. Ständig sind sie das Opfer von Tuscheleien und wertenden, niedermachenden Blicken. Aber auch diejenigen, die in ihrer Beliebtheit, weiter oben anzusiedeln sind, müssen um ihren Rang kämpfen. Immer schön zurechtgemacht, immer die besten Sprüche auf Lager. Und natürlich gehört dazu auch, Macht über andere auszuüben, sie schlecht zu machen. Nur wenn alle anderen zu dick, zu hässlich, zu sonst was sind, erstrahlt man selbst in einem schöneren Licht. Das hört sich nach überspitzten Teeniedrama an aus irgendeinem Highschoolfilm? Für mich und sicher für viele andere auch, war das leider der Schulalltag viele Jahre lang.

Die Romantisierung des Lästerns

Lasst mich eines klarstellen. Ich habe nichts dagegen, wenn mal über eine andere Person gesprochen wird, und man darf sich auch mal über jemanden aufregen und im Gespräch Dampf ablassen. Man muss nicht jeden mögen. Worum es mir geht, ist die Art und Weise, in der über eine andere Person gesprochen wird. Wie überall macht auch hier der Ton die Musik. Was das Lästern angeht, ist es in den meisten Fällen gehässig. Es ist die Lust am Schlechtreden anderer, die zum reinen Selbstzweck wird. Man lästert, um des Lästerns willen, ohne Rücksicht auf die Gefühle Dritter.

Ich weiß, es gibt Artikel, in denen gesagt wird, Lästern fördert den Zusammenhalt, Lästern kann man evolutionsbiologisch erklären. Gruppen haben sich so vor anderen schützen können. Ich halte von diesen Ausflüchten nichts. Es gibt keine Entschuldigung für das grundlose Niedermachen anderer Menschen. Denn ganz ehrlich, andere schlecht zu machen, ist ein Armutszeugnis der eigenen Person.

Außerdem lassen diese Artikel außer Acht, wie es den Menschen ergeht, über die gelästert wird, die ausgeschlossen werden, die ihr gesamtes Leben unter den Folgen zu leiden haben. Erythrophobie (Angst vor dem Rotwerden), Hochstaplersyndrom, extreme Schüchternheit, soziale Phobie, generalisierte Angststörung, Depression und Selbstmord, um nur einige zu nennen. Und wofür all das? Damit man sich an dem Leben anderer ergötzen kann, aus Spaß an der Schadenfreude? Super, wenn das Ausgrenzen anderer, zum Zusammenhalt der eigenen Gruppe führt.

Lästern ist immer nur so lange toll, solange man selbst nicht das Opfer ist

Fast können einem die Menschen leidtun, die es nötig haben, über andere Menschen herzuziehen. Wie langweilig muss das eigene Leben sein, wenn man sich die Hintergründe anderer zum eigenen Lebensinhalt erklärt. Oder will man selbst nur in einem besseren Licht dastehen? Wer lästert, lenkt nicht selten von sich selbst ab und versucht das eigene Unvermögen zu kaschieren.

Ich moralisiere ungern und vermeide es für gewöhnlich mit erhobenem Zeigefinger zu schreiben, aber bei diesem Thema mag mir das nicht so recht gelingen. Mir tun die Leute leid, die zu Unrecht an den Folgen des Lästerns zu leiden haben, die sich auch später noch schwertun, weil sie Angst vor Ablehnung haben. Wer lästert, sollte auch immer die Konsequenzen bedenken. Es ist so simpel wie logisch, doch `was du nicht willst, was man dir tut, das füg auch keinem andern zu`. You do you, aber lass die anderen auch ihr Ding machen.

Mehr Themen

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: pexels, CC0-Lizenz