Frau steht auf einem Berg und breitet die Arme aus

LiebesLeben: Auf Herz, Kopf oder Bauchgefühl vertrauen?

Mein Bauch ist ungebunden; frei. Mein Herz liegt in Ketten. Es kann gar nicht wollen, dass ich aufbreche, mit wehenden Fahnen losziehe und alles hinter mir lasse, was ich bisher kannte. Was würde es auch über die Menschen in meinem Leben aussagen, wenn mein Herz sie verlassen könnte, ohne mit der Wimper zu zucken? Es ist eindeutig leichter, zu bleiben. Es ist die bequemere Option. Gehen ist schwer. Aber genau aus diesem Grund sollten wir es viel öfter tun.

Gewohnheiten sind zwar neurobiologisch sinnvoll, da wir routinierte Handlungen automatisch erledigen, ohne darüber nachzudenken. So kann das Gehirn Energie sparen und Risiken minimieren (Quelle: Professor Gerhard Roth, promovierter Philosoph und Biologe). Aber das bedeutet eben auch: weniger Denkleistung, weniger Risiko, weniger Adrenalin – weniger Erlebnisse, Erfahrungen, Erinnerungen. Je mehr unser Alltag von Routinen geprägt ist, desto weniger intensiv nehmen wir ihn wahr und desto kürzer kommt uns ein Lebensabschnitt im Nachhinein vor. Umgekehrt erscheint uns eine Zeitspanne rückblickend umso länger, je mehr unterschiedliche Ereignisse wir erinnern (Quelle: Dr. Isabell Winkler, promovierte Psychologin). Es lohnt sich also, Routinen zu durchbrechen, ins kalte Wasser zu springen und an neuen Ufern zu stranden.

Und genau das ist es, was mein Bauchgefühl meistens für richtig hält. Es eröffnet mir Chancen, die mein Herz mir verwehrt. Es erlaubt mir, groß zu träumen und fliegen zu lernen, während das Herz mich Wurzeln schlagen lässt und mich dabei nicht selten kleinhält.

Ich glaube, man braucht beides im Leben: Wurzeln und Flügel. Aber eben weil man beides braucht, sieht man vielleicht doch nicht nur mit dem Herzen gut. Vielleicht sollten wir mehr auf unser Bauchgefühl vertrauen – Bauch über Herz über Kopf?

Mehr von LiebesLeben:

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: Joshua Abner on Pexels; CC0-Lizenz