Frau und Mann stehen vor einer Staffelei

LiebesLeben: Über Verlustängste und den Vergleich mit anderen Frauen

Katja malt mit Sprache Bilder auf ihre Wortleinwand. In ihrer Kolumne nimmt sie euch mit in ihr Atelier: Als absoluter Gefühlsmensch schreibt sie über die Liebe und das Leben – ein bisschen philosophisch und ein bisschen psychologisch, mit einem Hauch von Melancholie.

Lasst mich euch etwas Unglaubliches erzählen: Ich habe noch nie in meinem Leben versucht, eine Diät zu machen oder durch Sport abzunehmen – und das, obwohl ich schließlich in einer Zeit aufgewachsen bin, in der es noch nicht überwiegend darum ging, einen großen Hintern zu haben, sondern in der die meisten Frauen angestrebt haben, möglichst dünn zu sein. Mich hat dieses Ideal nie wirklich interessiert. Man könnte zwar damit argumentieren, dass ich nichts darauf gegeben habe, weil ich sowieso immer schlank war – aber da wäre definitiv noch Luft nach oben gewesen, und es war mir trotzdem egal. Ich mochte meinen Körper und habe mir keine unnötigen Gedanken darüber gemacht.

Das hat sich schon in meiner ersten Beziehung geändert. Ich erinnere mich noch gut daran, mit wie viel Selbstbewusstsein ich in diese Beziehung gegangen bin – auch in Bezug auf die Ex-Freundin meines damaligen Freundes, deren Trennung noch nicht besonders lange zurücklag. Sie war also noch sehr präsent, aber ich habe trotzdem keine „Gefahr“ mehr in ihr gesehen. Nicht, dass ich explizit dachte, dass ich hübscher oder toller oder intelligenter sei als sie – ich habe mir nur einfach keine Gedanken über sie gemacht. Und jeder weiß: Wenn man wegen dem*der Ex keine Bedenken hat, dann eigentlich wegen niemandem. Und so war es auch eine ganze Weile. Bis ich irgendwann wirklich emotional an meinen damaligen Freund gebunden war und angefangen habe, mir eben doch Sorgen zu machen – weil ich mich plötzlich mit allen anderen verglichen und Dinge gesehen habe, die mir vorher nicht wirklich aufgefallen sind: Dass seine beste Freundin im Gegensatz zu mir keine Hip Dips hat, dass eine andere Freundin von ihm einen viel runderen Hintern hat als ich, dass eine seiner Klassenkameradinnen ebenmäßigere Gesichtszüge und das Mädchen dort vorn an der Ecke schönere Brüste hat als ich.

Und diese Beziehung war immerhin monogam – eine ganze Reihe potenzieller Ängste und Sorgen, die sich um Sex mit anderen drehen, wurde also überhaupt nicht ausgeschöpft, anders als es jetzt in meiner nicht-monogamen Beziehung der Fall ist. Versteht mich nicht falsch: Es ist nicht so, dass diese Ängste die ganze Zeit über präsent sind. Meistens geht es mir mental gut. Aber ich glaube, dass jeder lügt, der eine offene Beziehung führt und behauptet, nie derartige Gedanken zu haben. Und so ist es eben auch bei mir: Hin und wieder tauchen diese Ängste auf, verschaffen sich einen Weg an die Oberfläche – und wenn sie dann da sind, überschatten sie alles andere.